Documenti di Didattica
Documenti di Professioni
Documenti di Cultura
nietzscheana
saggi
26
collana diretta da
Giuliano Campioni, Maria Cristina Fornari
fondata da
Sandro Barbera, Giuliano Campioni e Franco Volpi
Poetica in permanenza
Studi su Nietzsche
a cura di
Gabriella Pelloni, Claus Zittel
Edizioni ETS
www.edizioniets.com
© Copyright 2017
Edizioni ETS
Piazza Carrara, 16-19, I-56126 Pisa
info@edizioniets.com
www.edizioniets.com
Distribuzione
Messaggerie Libri SPA
Sede legale: via G. Verdi 8 - 20090 Assago (MI)
Promozione
PDE PROMOZIONE SRL
via Zago 2/2 - 40128 Bologna
ISBN 978-884674931-4
ISSN 1970-6138
Prefazione
***
I curatori
Avvertenza
Juliane Vogel
1 Vgl. J. Vogel, Aus dem Grund. Auftrittsprotokolle zwischen Racine und Nietzsche,
Als die Glieder eines großen Ganzen betrachtet, treten die einzel-
nen Charaktere der griechischen Tragödie in fester Umgränzung aus-
einander, ohne darum durch gesuchte Kontraste sich malerisch zu he-
ben, ohne sich zu verdecken und zu verschatten. Sie isolieren sich wie
Statuen, jede gesondert auf sich selbst beruhend, keine in dämmernder
Glänzendes Wandeln und reißende Bewegung 15
Zur Dramaturgie der „großen Szene“ in der Tragödie des 19. Jahrhunderts, Freiburg i. Br.
2002, S. 307-349. Zum Pygmalion-Komplex vgl. M. Meyer, G. Neumann (Hgg.), Pygma-
lion. Die Geschichte des Mythos in der abendländischen Kultur, Freiburg i. Br. 1997.
4 Vgl. A. Feuerbach, Der vaticanische Apollo, zit., S. 17 ff.
16 Juliane Vogel
Der linke Fuß ist aber zum Schritte gehoben, und unbeschreiblich
die Majestät, mit welcher die Statue dem Beschauer entgegenzutreten,
und dann inne zu halten scheint, um dann das Wort eines Flehen-
den zu vernehmen. – Mächtiger ausschreitend zeigt sich eine Minerva
in Dresden. Sie ist als Pomachos gedacht, rasch zum tätigen Beistand
vom Olymp herniedereilend. In beiden Statuen sind die Götter unver-
kennbar nicht bloß als seiend, sondern als erscheinend dargestellt; ihre
Stellung sagt ganz dasselbe, was jene bekannte Formel sagt, womit die
Götter die tragische Bühne zu betreten plegen5.
5Ebd., S. 21.
6Vgl. Aristophanes, Die Frösche, in ders., Sämtliche Komödien, übertragen von L.
Seeger, mit einer Einleitung von O. Weinreich, Zürich 1968, S. 515-580, hier S. 565 ff.,
V. 1127 ff.
7 Zur Temporalität und Bedeutung des Wortes Heko, das in vielen griechischen
Tragödien den ersten Auftritt markiert, vgl. S. Gödde, Das Drama der Hikesie. Ritual und
Rhetorik in Aischylos‘ „Hiketiden“, Münster 2000, S. 38.
Glänzendes Wandeln und reißende Bewegung 17
S. 765 f.
12 A. Feuerbach, Der Vaticanische Apollo, zit., S. 95 f.
18 Juliane Vogel
13 Ebd., S. 11.
14 Ebd., S. 53.
15 Ebd.
16 Ebd., S. 37.
17 Ebd., S. 27, 36.
18 Ebd., S. 78.
19 Ebd., S. 72.
20 Ebd., S. 78 f.
Glänzendes Wandeln und reißende Bewegung 19
21 Ebd., S. 96.
22 Ebd., S. 80.
23 Vgl. D. E. Wellbery, Form und Funktion der Tragödie nach Nietzsche, in Tragö-
die-Trauerspiel-Spektakel, hg. von B. und Ch. Menke, Berlin 2007, S. 199-212, hier S. 203
ff.; K. H. Bohrer, Das Erscheinen des Dionysos. Antike Mythologie und moderne Meta-
pher, Frankfurt a. M. 2015, S. 170 ff.
20 Juliane Vogel
nicht auf das Handeln das δρᾶμα [dráma] abgesehn war, sondern
auf das Leiden das πάθος [páthos]» (ebd., S. 527). Nietzsches
Tragödienkonzept richtet sich in einem gegenüber Feuerbach
noch einmal gesteigerten Ausmaß auf eine Epiphanie aus. Sein
Tragödienmodell ist ganz auf das Erscheinen eines Gottes hin
angelegt, sein Theater ist nur für seinen Auftritt errichtet. Der
Auftrittsgott, um den es hier geht, ist jedoch nicht mehr Apollon,
der majestätisch, statuarisch und imposant wie die Sonne über
Genua in Erscheinung trat: Im Zentrum der Geburt der Tragödie
steht der Auftritt des Dionysos, in dem sich die Kraft inkarniert,
die Feuerbach als «stürmisch» und «reißend» bezeichnet hatte.
Das Dionysische wird zu einem, dem Apollinischen gleichbe-
rechtigt gegenübertretenden «Kunsttrieb» erhoben. «Klarheit,
Sichtbarkeit und schöne Begrenzung»24 der apollinischen For-
menwelt werden durch einen Bildersturm bedroht, den Nietz-
sche mit dem Namen Dionysos verbindet. Die Herausforderung
der Tragödie besteht darin, Apollon wie Dionysos, dem Bil-
dungstrieb wie der formsprengenden Kraft gleichermaßen Rech-
nung zu tragen und das eine im anderen in Szene zu setzen. Was
sich stürmisch und ungestaltet annähert und alles Unterschie-
dene einzuebnen droht, soll in die Grenzen einer auftrittsfähi-
gen Figur eingeschlossen werden, während sich umgekehrt die
Begrenzungen, die das Apollinische auszeichnen, für das Dio-
nysische öffnen. Unter dem Andrang des Dionysischen beleben
sich die für sich genommen unbeweglichen und von Erstarrung
bedrohten Personenbilder des apollinischen Kunstuniversums,
und empfangen die Impulse einer ihnen entgegengesetzten,
formaulösenden Kraft. In seinem Auftritt symbolisiert sich, so
heißt es bei David Wellbery, «das Asymbolische schlechthin»25.
Damit ist jedoch keineswegs ein Sublimationsvorgang um-
schrieben, sondern eine Kampfzone eröffnet. Im Auftritt eska-
liert der Agon der Kräfte, der auch in den geordneten Erschei-
nungsformen der Tragödie zuträgt. Im Moment der tragischen
24 P. Sloterdijk, Der Denker auf der Bühne. Nietzsches Materialismus, Frankfurt a. M.,
Beweglichkeit». «Die Gefahr der Erstarrung und der Oberlächlichkeit auf Seiten des
Apollinischen» wird somit ebenso abgewehrt wie die «Gefahr des allzu Überwältigenden
und Mitreißenden auf Seiten des Dionysischen».
32 Ebd., S. 206.
33 Vgl. dazu A. Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, hg. von L. Lütke-
haus, Zürich 1988, Bd. 1, S. 457: «Denn, wie auf dem tobenden Meere, das, nach allen
Seiten unbegränzt, heulend Wasserberge erhebt und senkt, auf einem Kahn ein Schiffer
sitzt, dem schwachen Fahrzeug vertrauend; so sitzt, mitten in einer Welt voll Quaalen,
ruhig der einzelne Mensch, gestützt und vertrauend auf das principium individuationis».
Glänzendes Wandeln und reißende Bewegung 23
Denken wir uns Admet mit tiefem Sinnen seiner jüngst abgeschie-
denen Gattin Alcestis gedenkend und ganz im geistigen Anschauen
derselben sich verzehrend – wie ihm nun plötzlich ein ähnlich gestal-
tetes, ähnlich schreitendes Frauenbild in Verhüllung entgegengeführt
wird: denken wir uns seine plötzlich zitternde Unruhe, sein stürmi-
sches Vergleichen, seine instinctive Ueberzeugung – so haben wir ein
Analogon zu der Empindung, mit der der dionysisch erregte Zuschau-
er den Gott auf der Bühne heranschreiten sah, mit dessen Leiden er
bereits eins geworden ist (GT 8, KSA 1, S. 63 f.).
Il dialogo come forma filosofica in
Nietzsche1
Claus Zittel
1. Introduzione
giunto la sua forma attuale. Per questo ringrazio Marcus Born, Jakob Dellinger, Enrico
Müller, Axel Pichler e Werner Stegmaier.
3 W. Stegmaier, Nietzsches Befreiung der Philosophie. Kontextuelle Interpretation
des V. Buchs der Fröhlichen Wissenschaft, Berlin 2012, pp. 7 ss.: «Nessuno ha usato,
coniato o creato forme così varie per la sua scrittura ilosoica come Nietzsche». Oltre
all’aforisma, tra queste forme Stegmaier annovera anche la sentenza, il trattato, il saggio,
l’atto d’accusa, i canti ditirambici e la poesia didascalica epico-drammatico-lirica. Cfr.
anche A. Pichler, Philosophie als Text. Zur Darstellungsform der „Götzendämmerung“,
Berlin/Boston 2014, pp. 108 ss. Nessuno dei due inserisce tuttavia il dialogo tra le forme
di Nietzsche, anche se Stegmaier naturalmente sa che Nietzsche mette continuamente in
scena i suoi dialoghi. Cfr. W. Stegmaier, Nietzsches Befreiung der Philosophie, cit., pp. 13
e 16.
26 Claus Zittel
137-140; Vol. VI, Tomo II, pp. 112 ss.), «noi ultimi Stoici» e «noi spiriti liberi» (JGB 227,
KSA 5, pp. 162 s.; Vol. VI, Tomo II, p. 135).
11 Di parere contrario è G. Schank, Dionysos und Ariadne im Gespräch, cit., pp. 492-
495.
12 Cfr. anche NF 37[4], KSA 11, pp. 578 s., corretto secondo KGW IX 1, N VII
1.51.
13 Cfr. NF 9[115], KSA 12, pp. 401 s. / KGW IX 6, W II 1.52, V. 28-30.
14 Cfr. NF 34[181], KSA 11, pp. 481 s. / KGW IX 1, N VII 1.70. Questi dialoghi con
sposa (WS 42), tra il iglio del guardiano e i prigionieri (WS 84),
tra un innovatore e i suoi discepoli (FW 106), tra un saggio e un
folle (FW 213), tra un attivo e un contemplativo (M 519), un dia-
logo su un malato (FW 168) o con un valoroso (M 494). Anche
nella Genealogia della morale viene sorprendentemente inserito
un dialogo piuttosto lungo, quando l’io parlante si rivolge al si-
gnor Curiosone e al signor Rompicollo (GM I 14) e poi assume
esplicitamente il ruolo di ascoltatore.
Teniamo innanzitutto presente che Nietzsche ha composto
molti dialoghi, e che essi si trovano sorprendentemente spesso
nella Gaia scienza e in Aurora. Senza dubbio il dialogo è da anno-
verare tra le forme ilosoiche di Nietzsche, pertanto è necessario
indagare le sue funzioni e caratteristiche strutturali, e rilettere
sulla sua interazione con altre forme. Si tenga inoltre presente
che, nonostante la critica al dialogo platonico, Nietzsche teneva
in grande considerazione la forma letteraria del dialogo: proprio
le Conversazioni con Goethe di Eckermann – in realtà una raccol-
ta di conversazioni piuttosto informe – vengono da lui elette al
«miglior libro tedesco che ci sia» (WS 109, KSA 2, p. 599; Vol.
IV, Tomo III, p. 183)15. Famoso è l’altrettanto informe Memoria-
le di Sant’Elena, che contiene presunti discorsi di Napoleone16.
Nietzsche loda quindi i dialoghi di Leopardi e considera Wal-
ter Savage Landor17 un maestro della prosa per le sue Imaginary
conversations. I discorsi mitologici di Luciano li ritiene briosi,
eleganti e regali18; apprezza i dialoghi dei morti di Fontanelle
alles, was Napoleon in einem Zeitraume von achtzehn Monaten gesprochen und gethan
hat, Tag für Tag aufgezeichnet ist, aus dem Französischen übersetzt, Stuttgart/Tübingen
1823/1826.
17 Nietzsche conosceva una scelta di Imaginary Conversations of literary Men and
Statesmen in traduzione tedesca: W. Savage Landor, Männer und Frauen des Wortes und
der That, im Gespräch zusammengeführt, Auswahl und Übersetzung durch E. Oswald,
Stuttgart 1878.
18 Cfr. Nietzsche a Wilhelm Pinder, 06.02.1859 (Nr. 54, KSB 1, pp. 46 s.). Nietzsche
che von Mehr als einer Welt zwischen einem Frauenzimmer und einem Gelehrten, nach
der neuesten französischen Aulage übersetzt, auch mit Figuren und Anmerckungen [sic]
erläutert von Joh. Chr. Gottscheden Prof. und Collegiat. zu Leipzig, und der Königl. Preuß.
Soc. der Wissensch. Mitgliede. Andre Aulage. Mit einer neuen Zugabe vermehret, Leipzig
1730.
20 Sul dialogo ilosoico (poco sorprende che manchino riferimenti a Nietzsche) cfr.:
R. Hirzel, Der Dialog. Ein literarhistorischer Versuch, 2 Teile, Leipzig 1895; V. Hösle, Der
philosophische Dialog. Eine Poetik und Hermeneutik, München 2006, pp. 79-124.
30 Claus Zittel
21Cfr. E. Müller, Alogia und die Formen des Unbewussten: Euripides – Sokrates –
Nietzsche, in J. Georg, C. Zittel (a cura di), Nietzsches Philosophie des Unbewussten,
Berlin/Boston 2012; Th. Brobjer, Nietzsche’s Relation to the greek sophists, in «Nietz-
sche-Studien», 34 (2005), pp. 256-277. Entrambi gli autori si confrontano con il rapporto
di Nietzsche con i soisti. A proposito di questo «sconvolgente dialogo tra logos e alogia»
Müller giustamente sottolinea che gli ateniesi, nel loro modo di condurre il discorso, si
orientano secondo la pratica del discorso platonico-ilosoico, e che i meli prostrati, che a
causa della loro situazione disperata non possono prendere parte al gioco, iniscono per
riiutare la realtà (p. 225). Come vedremo, i dialoghi di Nietzsche si schierano, tramite la
loro forma, dalla parte dei meli.
Il dialogo come forma filosofica 31
sto ormai – le cose si trasformeranno! …» (JGB 214, KSA 5, pp. 151 s.; Vol. VI, Tomo
II, p. 125); «Insomma, studiate, o psicologi, la ilosoia della ‚regola‘ in lotta con l’‚ecce-
zione‘: oppure, per parlare più chiaramente: fate oggetto della vostra vivisezione l’‚uomo
buono‘, l’‚homo bonæ voluntatis‘… voi stessi!» (JGB 218, KSA 5, p. 153; Vol. VI, Tomo
II, p. 127); «Sorrideranno, questi spiriti severi, nel caso che qualcuno dica dinanzi a loro:
‚Quel pensiero mi innalza: come potrebbe non essere vero?‘» (JGB 210, KSA 5, p. 143;
Vol. VI, Tomo II, p. 118). Cfr. anche M 492 e 494.
26 Cfr. M. Born, Vorbemerkungen zur Lektüre von Aphorismen, in «Nietzsche-For-
schung», 19 (2012), pp. 297-306, qui p. 305; M. Endres, Eigentlich enteignet. Macht und
32 Claus Zittel
Contro chi loda. – A.: Si è lodati solo dai nostri pari! – B: Sì! E chi
ti loda, ti dice: tu sei mio pari! (FW 190, KSA 3, p. 504; Vol. V, Tomo
II, p. 148).
allora perché scrivi? A: Sì, mio caro, per dirtelo in conidenza, io non
ho inora trovato alcun altro mezzo per liberarmi dai miei pensieri. B:
E perché te ne vuoi liberare? A: Perché voglio? Lo voglio proprio? Io
devo … B: Basta! Basta così! (FW 93, KSA 3, p. 448; Vol. V, Tomo II,
p. 101).
prodotta dalla mescolanza di tutte le forme e di tutti gli stili esistenti. […] Egli ondeggia
così fra tutti i generi di arte, fra prosa e poesia, narrazione, lirica e dramma, e d’altronde
ha infranto l’antica legge rigorosa della forma linguistica stilisticamente unitaria. Il socra-
tismo giunge a una deformazione ancora più spinta negli scrittori cinici: costoro cercano
– con la massima screziatura dello stile e con un ondeggiamento tra forme in prosa e
forme metriche – di rispecchiare in qualche modo quell’aspetto esterno di Sileno che era
36 Claus Zittel
proprio di Socrate, i suoi occhi sporgenti, le sue labbra tumide, il suo ventre cascante»
(SGT, KSA 1, pp. 543 s.; Vol. III, Tomo II, pp. 38 s.).
29 Dialettica e dialogo non sono quindi da equiparare. Di parere diverso è A. Ne-
hamas, in Who are „The Philosophers of the Future“? A Reading of Beyond Good and Evil,
in R. C. Solomon, K. M. Higgins (a cura di), Reading Nietzsche, New York/Oxford 1988,
pp. 46-67.
Il dialogo come forma filosofica 37
habe darstellen wollen: es sind alles philosophische logoi und alle wahr, mit immer neuen
Seiten der einen Wahrheit» (ibid.).
38 Claus Zittel
Certo è che la sua [di Platone] forza artistica si placa nella scrittura
(che lui non ritiene così importante come noi); soltanto alcuni dialoghi
vengono davvero composti. Sempre più smorti, sempre meno struttu-
rati (Parmenide, Filebo). […] La forza drammatica di Platone è stata
sorprendentemente sopravvalutata. Se è vero che il linguaggio è inini-
tamente ricco, il giudizio degli antichi è stato piuttosto aspro (oscilla-
zione tra le modalità stilistiche, esagerato, ditirambico, ecc.). […] È un
etico ino al midollo40.
nicht so wichtig nimmt wie wir) sehr nachlässt, dass nur ganz wenige Dialoge überhaupt
componirt sind. Immer grauer, immer ungefüger (Parmenides, Philebus). […] Die dra-
matische Kraft Platos ist erstaunlich überschätzt worden. Von der Sprache ist zwar wahr,
dass sie grenzenlos reich ist, aber das Urtheil der Alten war ziemlich herbe (Schwanken
zwischen den Stilarten, übertrieben, dithyrambisch u. s. w.). […] Er ist Ethiker durch
und durch» (ivi, p. 161).
Il dialogo come forma filosofica 39
ste e ibride, con cui, come artista, avrebbe alla ine fallito perché
le avrebbe sottomesse ad un metro estraneo all’arte. Il giovane
Nietzsche non riconosce ancora la varietà di possibilità formali
attraverso cui il dialogo platonico, in modo autorilessivo, può
minare certezze presunte41. Agli occhi di Nietzsche Platone ha
assoggettato il discorso alla dialettica e all’etica, causando così il
tramonto della cultura greca. Resta tuttavia da considerare che
altre forme di dialogo hanno successo, e che invece di rifugiarsi
dallo scetticismo conoscitivo nell’etica, bisognerebbe affrontare
questo scetticismo con strumenti artistici. Sembra così imporsi
la tesi secondo cui Nietzsche avrebbe impostato i suoi dialoghi
come contraltare al dialogo platonico, sperimentando forme al-
ternative. Consideriamo ora attentamente questi tentativi.
veda ad esempio J. Schneider, Nietzsches Basler Vorträge Ueber die Zukunft unserer Bil-
dungsanstalten im Lichte seiner Lektüre pädagogischer Schriften, in «Nietzsche-Studien»,
21 (1992), pp. 308-325, o deiniscono la loro forma «racconto». Si veda ad esempio B.
Biebuyck, K. Hemelsoet, D. Praet, Metamorphosen der Verzweilung. Philosophie des Er-
zählens in Nietzsches Ueber die Zukunft unserer Bildungsanstalten, in R. Duhamel, G.
van Gemert (a cura di), Nur Narr? Nur Dichter? Über die Beziehungen von Literatur und
Philosophie, Würzburg 2008, pp. 229-263. Fa eccezione: T. Schmidt-Millard, Nietzsches
Basler Vorträge „Über die Zukunft unserer Bildungsanstalten“. Die Aporie der Bildungsthe-
orie des „Genius“ und ihre Überwindung in den „Unzeitgemäßen Betrachtungen“, Leipzig
1982.
40 Claus Zittel
44
Sulle forme dialogiche non indipendenti cfr. G. Bauer, Zur Poetik des Dialogs,
Darmstadt 1969.
Il dialogo come forma filosofica 43
50 Ivi, p. 104.
Il dialogo come forma filosofica 47
6. I dialoghi interni
des christlichen Bewußtseins, München 1962, p. 54, che aveva svalutato la parabola dal
punto di vista estetico.
56 Cfr. M. Brusotti, Die Leidenschaft der Erkenntnis. Philosophie und ästhetische Le-
bensgestaltung bei Nietzsche von Morgenröthe bis Also sprach Zarathustra, Berlin/New
York 1997, p. 386; V. Vivarelli, Nietzsche und die Masken des freien Geistes, Würzburg
1998, p. 116. Cfr. B. Pascal, Pensieri, a cura di P. Serini, Torino 1961, n. 191: «Ci si im-
magini una quantità di uomini in catene, e tutti condannati a morte, dei quali alcuni sono
sgozzati sotto gli occhi degli altri, così che quelli che restano vedono il proprio destino
in quello dei propri simili, e guardandosi gli uni gli altri con dolore e senza speranza,
attendono il loro turno, è l’immagine della condizione degli uomini».
Il dialogo come forma filosofica 53
57 Cfr. «‚Sono contento di non aver capito ciò che avete detto‘. Agitato, ribattei
subito: ‚Essendone contento, dimostrate di aver capito‘» (F. Kafka, Descrizione di una
battaglia, in Id., Racconti, a cura di E. Pocar, Milano 1992, p. 34) Cfr. anche la parabola
dialogica di Kafka Delle similitudini, in F. Kafka, Racconti, cit., p. 508.
58 Cfr. L. Wittgenstein, Pensieri diversi, Milano 1980, pp. 25 s.: «[…] se un libro
è scritto per pochi soltanto, questo lo si vedrà proprio dal fatto che saranno in pochi a
capirlo. Il libro deve operare automaticamente la separazione fra coloro che lo capiscono
e coloro che non lo capiscono […]. Non ha alcun senso dire a uno cose che non capisce,
anche aggiungendo che non può capirle […]. Se non vuoi che certe persone entrino in
una stanza, applica un lucchetto di cui non abbiano la chiave. Ma non ha alcun senso
parlarne con loro, a meno che tu in fondo non voglia che esse ammirino la stanza dal di
fuori! Per correttezza, applica un lucchetto che cada sotto gli occhi soltanto di coloro che
possono aprirlo, e non degli altri». Su questo cfr. Th. A. Slezàk, Platon lesen, Stuttgart
1993, pp. 42 ss.
59 Cfr. WS 71, KSA 2, p. 584 (Vol. IV, Tomo III, p. 171): «Modo di scrivere della
prudenza. A: Ma, se tutti sapessero ciò, sarebbe dannoso ai più. Tu stesso chiami queste
opinioni pericolose per coloro che si trovano in pericolo, e poi le enunci pubblicamente?
B: Io scrivo in modo che né la plebaglia, né i populi, né i partiti di nessuna specie amino
leggermi. Per conseguenza queste opinioni non saranno mai pubblicate. A: Ma come
scrivi tu dunque? B: Né in modo utile, né in modo piacevole – per i detti tre».
54 Claus Zittel
60 Cfr. M. Brusotti, Die Leidenschaft der Erkenntnis, cit., p. 631; A. Bertino, Nietzsche
und die hellenistische Philosophie. Der Übermensch und der Weise, in «Nietzsche-Studi-
en», 36 (2007), p. 128.
61 Cfr. Th. H. Brobjer, Nietzsche’s Disinterest and Ambivalence toward the Greek
gini. Non mi state a sentire, dirò loro, inché non sarò diventato uguale
al più meschino di voi e non sarò ancora più meschino di lui; rizzatevi
contro la verità, inché potete, per nausea di colui che ne è il propugna-
tore. Io sarò il vostro seduttore e ingannatore, se scorgerete ancora in
me la minima luce di rispettabilità e di dignità. – Il vecchio: Tu promet-
ti troppo, non puoi portare questo peso. – Pirrone: Allora dirò anche
questo agli uomini, che sono troppo debole e non posso mantenere ciò
che prometto. Quanto più grande sarà la mia indegnità, tanto più essi
difideranno della verità, se essa passa per la mia bocca. – Il vecchio:
Vuoi dunque insegnare la difidenza verso la verità? – Pirrone: La difi-
denza, come nel mondo non c’è ancora stata, la difidenza verso tutto e
tutti. È la sola via che porta alla verità. L’occhio destro non deve idarsi
del sinistro, e la luce si dovrà chiamare per qualche tempo tenebra: è
questa la strada che dovete percorrere. Non crediate che essa vi porti
verso alberi da frutta e belle praterie. Troverete su di essa piccoli e duri
grani, – essi sono le verità: per decine d’anni dovrete inghiottire le men-
zogne a manciate per non morir di fame, nonostante sappiate che sono
menzogne. Ma quei grani verranno seminati e interrati, e forse, forse
ci sarà una volta un giorno del raccolto: a nessuno è lecito prometterlo,
a meno che non sia un fanatico. – Il vecchio: Amico! Amico! Anche
le tue parole sono quelle di un fanatico! – Pirrone: Hai ragione! Sarò
difidente verso tutte le parole. – Il vecchio: Allora dovrai tacere. – Pir-
rone: Dirò agli uomini che devo tacere e che essi devono difidare del
mio silenzio. – Il vecchio: Ti ritiri dunque dalla tua impresa? – Pirrone:
Al contrario: mi hai or ora mostrato la porta per la quale devo passare.
– Il vecchio: Io non so – : ci comprendiamo ancora appieno? – Pirrone:
Probabilmente no. – Il vecchio: Purché tu comprenda appieno te stes-
so! – Pirrone si gira e ride. – Il vecchio: Oh amico! Tacere e ridere – è
ora questa tutta la tua ilosoia? – Pirrone: Non sarebbe la più cattiva
(WS 213, KSA 2, pp. 645 s.; Vol. IV, Tomo III, pp. 220 s.).
sche’s dialog resembles Fontenelle’s Dialogues des morts, mentioned in WS 214, and that
of his model, Lukian’s Dialogues of the Dead».
56 Claus Zittel
66 Ad esempio Nietzsche esalta Pirrone in quanto «l’uomo più mite e paziente che
abbia mai vissuto in mezzo ai Greci, un buddhista sebbene greco» (NF 14[162], KSA 13,
p. 347; Vol. VIII, Tomo III, p. 136). Egli vedrebbe «nel seguito […] un’unica igura ori-
ginale: un epigono, ma necessariamente l’ultimo… il nichilista Pirrone, …» (NF 14[100],
KSA 13, p. 278; Vol. VIII, Tomo III, p. 68); «Vertice Pirrone. […] segno che tutte le
principali energie della vita sono esaurite» (NF 14[87], KSA 13, p. 265; Vol. VIII, Tomo
III, p. 55).
67 Cfr. NF 14[99], KSA 13, p. 278; NF 14[191], KSA 13, p. 378.
68 Cfr. NF 14[129], KSA 13, p. 311.
58 Claus Zittel
7. Zarathustra διαλέγεσθαι
69
In questo senso si potrebbe proporre una nuova interpretazione, che attribuisce a
Nietzsche in Ecce homo la volontà di esprimere delle verità. Cfr. B. Leiter, Nietzsche on
Morality, London 2002, p. 11. Cfr. su questo la critica di J. Dellinger, ‚Sanitizing‘ Nietz-
sche? Bemerkungen zur Tendenz eines ‚naturalistischen‘ Nietzsche-Bildes, in R. Reschke,
M. Brusotti (a cura di), „Einige werden posthum geboren“. Friedrich Nietzsches Wirkun-
gen, Berlin/Boston 2012, pp. 159-171, qui pp. 166-169.
Il dialogo come forma filosofica 59
Axel Pichler
15.10.2016). Qui, tra le altre cose, non sono citati due contributi, anch’essi dedicati al
«Tentativo di autocritica»: D. Came, Nietzsche’s Attempt at a Self-Criticism: Art and
Morality in «The Birth of Tragedy», in «Nietzsche-Studien», 33 (2004), pp. 37-67; M.
F. Molder, Stammering in a Strange Tongue: The Limits of Language in »The Birth of
Tragedy« in the Light of Nietzsche’s »Attempt at a Self-Criticism«, in J. Constâncio, M. J.
Mayer Branco (a cura di), Nietzsche on Instinct and Language, Berlin/Boston 2011, pp.
259-279.
70 Axel Pichler
389-399, in particolare pp. 398 s.: «la teoria della poesia o la ‚teoria della letteratura‘ si
dovrà deinire, secondo lo schema ‚phráisis‘, gen. ‚phráiseös‘ (‚posesis‘, gen. ‚poieseos‘,
lat. ‚poesis‘) ‚poesiologico‘».
Il «Tentativo di autocritica» 73
(a cura di), Der Witz der Philologie. Rhetorik – Poetik – Edition (Festschrift für W. Grod-
deck zum 65. Geburtstag), Basel/Frankfurt a. M. 2014, pp. 6-14, qui p. 10.
8 Tuttavia lo status paratestuale del «Tentativo» viene esplicitato nel primo paragra-
fo, dove si sottolinea che i pensieri sui greci costituiscono il «nocciolo del libro stravagan-
te, dificilmente accessibile, a cui è dedicata questa tardiva prefazione (o epilogo)» (GT
Versuch, KSA 1, p. 11; Vol. III, Tomo 1, p. 3).
74 Axel Pichler
gono da GT Versuch, KSA 1, pp. 11-22; Vol. III, Tomo 1, pp. 3-15.
Il «Tentativo di autocritica» 75
sintesi di storia universale e storia della composizione, recita: «Alcune settimane dopo,
anch’egli si trovava sotto le mura di Metz, senza essersi ancora sbarazzato dei punti in-
terrogativi che aveva apposti alla pretesa ‚serenità‘ dei Greci e dell’arte greca; inché da
76 Axel Pichler
ultimo, in quel mese di massima tensione in cui a Versailles si discuteva la pace, riacquistò
anch’egli la pace con se stesso e, guarendo lentamente di una malattia postata a casa dal
campo, issò in sé deinitivamente la ‚nascita della tragedia dallo spirito della musica‘».
Il «Tentativo di autocritica» 77
sione poesiologica sul confronto adeguato con la questione del pessimismo dei greci e la
78 Axel Pichler
prima rappresentazione di quest’ultimo in uno dei primi abbozzi del «Tentativo» vengo-
no ancora trattati insieme (cfr. KGW IX/V, W I 8, p. 107). Nietzsche ha poi rielaborato
l’incipit di questa prima bozza per l’incipit del quarto paragrafo del «Tentativo», la cui
seconda metà è conluita invece nel primo paragrafo.
17 Ancora più sorprendente è che Jochen Schmidt, nel suo commento al «Tentativo»,
tratti esclusivamente l’ultima delle questioni qui poste, quella sull’ironia di Socrate. Cfr.
J. Schmidt, Kommentar zu Nietzsches »Geburt der Tragödie«, cit.
Il «Tentativo di autocritica» 79
ti di determinati passi del libro – soprattutto quelli stilistici – viene collegato all’enfasi
posta ancora una volta sull’interesse per le domande così articolate: « […] tuttavia non
voglio del tutto nascondere quanto esso mi appaia oggi spiacevole, quanto estraneo mi si
presenti oggi, dopo sedici anni, – ai miei occhi divenuti più vecchi, cento volte più viziati,
ma nient’affatto più freddi; i miei occhi del resto non sono divenuti più estranei a quello
stesso compito cui osò accostarsi per la prima volta quel libro temerario […]».
Il «Tentativo di autocritica» 83
21 Ossia la frase seguente: «forse oggi parlerei con maggiore prudenza e con minore
eloquenza di una questione psicologica così dificile com’è quella dell’origine della trage-
dia presso i Greci».
22 Al riguardo bisogna concordare con Jochen Schmidt quando deinisce la domanda
sul dionisiaco come una «domanda non solo retoricamente suggestiva, ma anche ipoteti-
ca, che procede a tastoni, sperimentale», non tuttavia quando afferma che essa è al con-
tempo aporetica (cfr. J. Schmidt, Kommentar zu Nietzsches »Geburt der Tragödie«, cit., p.
5). Non si può parlare di un’aporia nel senso della logica antica nel caso di una domanda
che rappresenta già una conseguenza immanente al ilosofare tardo di Nietzsche, e la cui
risposta non consiste, in ultima analisi, in una proposizione, ma in una determinata forma
del ilosofare.
84 Axel Pichler
gia». Sul suo ruolo nel primo capitolo si veda M. A. Born, Nietzsches rhetorische Inszenie-
rung der Psychologie. Zum ersten Hauptstück von Jenseits von Gut und Böse, in J. Georg,
C. Zittel (a cura di), Nietzsches Philosophie des Unbewussten, Berlin/Boston 2012, pp.
197-206.
Il «Tentativo di autocritica» 85
dioso problema greco» anche tutti gli altri aspetti introdotti nella
seconda metà del primo paragrafo e relativi allo sviluppo del-
la sintomatologia. Tra questi igurano la sintesi della psicologia
con la isiologia – dopo la «questione psicologica […] dificile»
dell’apertura, al centro del paragrafo si indaga espressamente
«sotto l’aspetto isiologico» –, così come la domanda sulle cause
della scienza e in particolare sulla «logica e la logicizzazione del
mondo». Alla ine del paragrafo compare poi anche quella pro-
spettiva la cui rilevanza per il «Tentativo» era stata solo accenna-
ta alla ine del primo paragrafo: «Si vede, è di tutto un fascio di
dificili problemi che questo libro si è caricato, – e aggiungiamoci
ancora il suo problema più arduo! Che cosa signiica, vista secon-
do la prospettiva della vita, la morale?» In questo passo la sintesi
dei quattro grandi temi conduttori della prefazione – scienza,
arte, morale, vita – è predisposta nella metafora conduttrice del
dionisiaco, mentre alla tecnica della messa in prospettiva espo-
sta alla ine del secondo paragrafo, «vedere la scienza con l’ottica
dell’artista e l’arte invece con quella della vita…», si aggiunge la
prospettiva della morale24. Nel quinto paragrafo del «Tentati-
vo» si giunge all’effettiva sintesi e alla successiva elaborazione di
una costellazione di problematiche, come anche all’elaborazione
delle dimensioni autoreferenziali che contraddistinguono tale
costellazione.
Nel rispetto del principio centrale di strutturazione del genere
della prefazione, ossia la igura retorica della preparatio, ciò acca-
de mettendo a fuoco il problema della morale, introdotto per la
prima volta alla ine del quarto capitolo. Già nella prima frase la
morale viene contrapposta all’arte per mezzo dell’autocitazione.
In questo caso si tratta della famosa formula che proviene dal
quinto capitolo della prima edizione della Nascita della tragedia,
che recita: «solo come fenomeni estetici l’essere e il mondo sono
eternamente giustiicati». Le frasi seguenti costituiscono, insieme
24 A tale riguardo bisogna respingere la tesi di Daniel Came, che sostiene che, tanto
nel «Tentativo di autocritica», quanto nella Nascita della Tragedia, sussiste «un’oppo-
sizione fondamentale tra valore morale e estetico» (D. Came, Nietzsche’s Attempt at a
Self-Criticism, cit., p. 38).
86 Axel Pichler
sviluppate nel seguito del quinto paragrafo e sono state di recente ricostruite da Jakob
Dellinger.
Il «Tentativo di autocritica» 87
pp. 306-325.
28 Sullo status e sulla funzione dell’«antidottrina» negli scritti di Nietzsche a partire
Annamaria Lossi
1913.
94 Annamaria Lossi
di Milano, nella collana delle Opere di Friedrich Nietzsche sotto il titolo Lezioni universi-
tarie e studi ilologici 1874-1878 di Friedrich Nietzsche, Vol. II, Tomo I e II. Le citazioni
saranno tratte dalla versione italiana delle Lezioni, ancora in fase di correzione, e riporte-
ranno tra parentesi solo il riferimento alla edizione tedesca dei KGW II/4.
Composizione e Wirkungsgeschichte 95
6 «Il perché questi scritti ilologici di Nietzsche siano rimasti totalmente ignorati
interpretazioni a partire dalla teoria di tropi e dall’uso delle fonti. Alcuni dei più signiica-
tivi sono stati: „Unsere ganze Philosophie ist Berichtigung des Sprachgebrauchs“. Friedrich
Nietzsches Lichtenberg-Rezeption im Spannungsfeld zwischen Sprachkritik (Rhetorik) und
historischer Kritik (Genealogie), München 1996; E. Behler, Nietzsches Studium der Rhe-
torik nach der KGW, in «Nietzsche-Studien», 27 (1998), pp. 1-12; le monograie intera-
mente dedicate: A. Kremer-Marietti, Nietzsche et la rhétorique, Paris 2007; P. de Man,
Allegories of Reading, Yale University Press 1979. Per una disamina estetico-storica di tali
studi, cfr. L. Ellrich, Rhetorik und Metaphysik. Nietzsches „neue“ ästhetische Schreibweise,
in «Nietzsche-Studien», 33 (2004), pp. 241-276.
Composizione e Wirkungsgeschichte 97
Milano 2013.
11 Si tratta della celebre conferenza di M. Riedel «Zur Philosophie geworden ist,
was Philologie gewesen ist», tenuta in occasione del congresso nietzscheano del 1994 a
Naumburg, poi pubblicata nella raccolta a cura di M. Riedel, Jedes Wort ist ein Vorurteil.
Philologie und Philosophie in Nietzsches Denken, Köln/Weimar 1999.
98 Annamaria Lossi
15 Dei corsi totali, sia all’università che al Pädagogium, Janz individua il seguente
elenco ordinato:
– SS 1869 Quellenkunde der griechischen Literaturgeschichte […]
– WS 1869/70 Lateinische Grammatik. Vorplatonische Philosophen[…]
– SS 1870 Sophokels Oedipus rex, Hesiod Erga, Seminar Cicero Academica […]
– WS 1870/71 Geschichte des griechischen Epos, seminario sul I libro di Quintiliano […]
(annunciato, ma mai tenuto)
– SS 1871 Einleitung in das Studium der klass. Philologie, Quintilian I. Buch (annunciato,
non si sa se davvero tenuto)
– WS 1871/72 Einführung in das Studium der platonischen Dialoge. Dialogus de ora-
toribus [di Tacito. Si tratta del Dialogus de oratoribus (Dialogo sugli oratori o Dialogo
sull’oratoria), breve opera attribuita a Publio Cornelio Tacito, scritta in forma di dialogo,
sull’arte della retorica. Non si conosce la data della sua stesura, anche se la dedica a Fa-
bius Iustus la pone attorno al 102] (annunciato, non si sa se davvero tenuto) Seminario
su Esiodo […]
– SS 1872 Aeschylos Choephoren. Die vorplatonischen Philosophen […]
– WS 1872/73 Rhetorik der Griechen und Römer. Über Homer und die sog. homerische
Frage […]
– SS 1873 Die ältern griech. Philosophen bis Platon. Hesiod Erga […] [presumibilmente
lo stesso della Storia dell’eloquenza greca (Nachlass P II, 13c, 230-148)]
– WS 1873/74 Einführung in das Studium der klass. Philologie. Über Platons Leben und
Schriften […]
– SS 1874 Darstellung der antiken Rhetorik
– WS 1874/75 Geschichte der griech. Literatur I. Erklärung von Aristoteles’ Rhetorik […]
– SS 1875 Geschichte der griech. Literatur II. Aristoteles’ Rhetorik (continuazione) […]
– WS 1875/76 Geschichte der griech. Literatur III. (Schluss) Altertümer der religiosen Cul-
tur der Griechen […]
– SS 1876 Die vorplatonischen Philosophen. Über Platons Leben und Lehre […]
– WS 1876/77 e SS 1877 nessun corso. Nietzsche trascorre l’inverno 76/77 a Sorrento e
poi è a Bad Ragaz.
– WS 1877/78 Aeschylos Choephoren. Rhetorik des Aristoteles […]
– SS 1878 Hesiod Erga. Platon Apologie […]
– WS 1878/79 Ausgewählte Fragmente der griech. Lyriker. Thukydides […]
– SS 1879 Die griech. Philosophen vor Platon. Einleitung in die griech. Beredsamkeit […]
Per l’elenco completo cfr. C. P. Janz, cit., pp. 196-203.
100 Annamaria Lossi
sches Lesebuch (1835-43), cui seguirono la Geschichte der deutschen Literatur (1848-55) e
l’Altdeutsches Wörterbuch (1861).
Composizione e Wirkungsgeschichte 101
27 G. Ungeheuer, Nietzsche über Sprache und Sprechen, über Wahrheit und Traum, in
«Nietzsche-Studien», 12 (1983), pp. 134-213, qui pp. 185 s., note 76 e 78.
28 E. Behler, Nietzsches Sprachtheorie und der Aussagecharakter seiner Schriften, in
p. 416 Kant ne parla nel modo più chiaro nella Critica della capacità p. 70
di giudizio, p. 203: «Le arti della parola sono l’oratoria e
l’arte della poesia. L’oratoria è l’arte di trattare un impegno
dell’intelletto come un libero gioco dell’immaginazione; l’arte
della poesia, di eseguire un libero gioco dell’immaginazione
come un impegno dell’intelletto. L’oratore dunque annuncia un
impegno e lo esegue come se fosse solo un gioco con idee, per
intrattenere gli ascoltatori. Il poeta annuncia solo un gioco con
idee come intrattenimento e ne viene però fuori così tanto per
l’intelletto come se egli non avesse avuto altro intento che di
sollecitarne l’impegno».
30 Una tavola di tutte le fonti utilizzate da Nietzsche in questa e nelle altre lezioni
è presente nell’edizione italiana di prossima pubblicazione: Lezioni universitarie e studi
ilologici 1874-1878 di Friedrich Nietzsche, Vol. II, Tomo II, Milano 2017.
31 La conoscenza di Gerber induce a ripensare anche la datazione della composi-
zione del corso sulla retorica. Nietzsche prende in prestito il testo Die Sprache als Kunst
(1871/1872) il 28 settembre 1872, in particolare il primo dei due volumi, dalla biblioteca
dell’università di Basilea. Cfr. L. Crescenzi, Verzeichnis der von Nietzsche aus der Uni-
versitätsbibliothek in Basel entliehenen Bücher (1869-1879), in «Nietzsche-Studien», 23
(1994), pp. 388-439. Il corso sulla Presentazione non poteva essere proposto prima del
semestre invernale 1872/73, visto lo studio che sta dietro a Gerber. Bornmann ha datato
questa lezione semestre estivo 1874. Cfr. F. Bornmann, Zur Chronologie und zum Text der
Aufzeichnungen von Nietzsches Rhetorikvorlesungen, in «Nietzsche-Studien», 26 (1997),
pp. 491-500. La lettura di Gerber, fondamentale per le lezioni di retorica, sarà anche alla
base della preparazione dello scritto del 1873 Su verità e menzogna in senso extra-morale.
Cfr. su questo S. Scheibenberger, Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich
Nietzsches Werke, Bd. 1/3, Berlin 2016.
Composizione e Wirkungsgeschichte 105
p. 426 Non sono le cose ad entrare nella coscienza, ma il modo in cui p. 169
ci rapportiamo a loro, il piqanovn. L’essenza piena delle cose
non è mai colta ino in fondo. Le nostre esternazioni sonore
non attendono che noi giungiamo ad una nostra percezione ed
esperienza che ci garantiscono una conoscenza a tutto tondo
e in qualche modo dignitosa delle cose: le nostre esternazioni
avvengono nel momento in cui si percepisce lo stimolo
p. 427 I Latini deiniscono il serpente come constrictor con anguis, gli pp.
Ebrei come sibilante o colui che si contorce, che si intreccia, 367 s.
che striscia
p. 427 La seconda forma del tropo è la metafora. Non crea parole pp.
nuove, ma ne cambia il signiicato 367 s.
p. 427 Per esempio di una montagna si parla di capo, piede, ianco, p. 370
gola, venatura, vette
p. 427 ceivlh, le labbra, con potamῶn le rive del iume, glῶssa la p. 372
lingua, anche l’imboccatura del lauto
p. 427 Poi c’è la trasposizione dello spazio nel tempo nell’espressione p. 381
«a casa», «anno per anno»; dal tempo trasposto alla causalità,
qua ex re
p. 427 Hinc, [da qui], inde [quindi], oJvqen [donde], eij" tiv [in p. 382
relazione a ciò]
p. 427 Diciamo «la bevanda è amara» anziché «essa suscita in noi una p. 384
sensazione del genere»; «la pietra è dura» come se duro fosse
qualcosa di diverso dal giudizio nostro; «le foglie sono verdi»
p. 427 Il linguaggio viene creato dai singoli artisti del linguaggio, ma pp.
viene a stabilizzarsi con la scelta compiuta dal gusto dei molti. 412 s.
I pochi parlano schvemata, la loro virtus rispetto ai molti. Se
non riescono ad affermarsi, ecco che ognuno si rifa, nei loro
confronti, all’usus e parla di barbarismi e solecismi
p. 428 Una igura che non trova nessun divulgatore, diventa un errore. p. 413
Un errore assunto da un usus qualsiasi, diventa una igura
p. 428 La gioia dell’armonia vale anche per i rJhvtore", tav ijvsa p. 423
schvmata [le igure, le espressioni simili], si pensi ai parivswsi"
p. 428 Lutero si lamenta dei neologismi come «prendere a cuore, far p. 437
tesoro», o «giovevole»
p. 452 Inine, al IX, 3, 58, Quintiliano parla delle igurae quae per pp.
detractionem fuint [igure che si propongono per detrazione]: 492 s.
1) cum substratum verbum aliquod satis et ceteris intellegitur
[quando una parola omessa è compresa abbastanza a partire da
altre]; 2) in quibus verba decenter pudoris gratia subtrahuntur
[quando alcune parole sono sottratte per pudore]; 3) per
detractionem igura – cui coniunctiones eximuntur (ajsuvndeton)
[per detrazione di igura – a cui sono tolte le congiunzioni
(asindeto)]; 4) il cosiddetto ejpezeugmevnon [zeugma]: in qua
unum ad verbum plures sententiae referentur, qurum una
quaeque desideraret illud, si sola poneretur [quando più frasi si
riferiscono ad un solo verbo, una delle quali, presa da sola, lo
richiederebbe]. Per esempio in Cic<erone>, Pro Cluentio 6,
15, vicit pudorem libido, timorem audacia, rationem amentia [la
libidine vinse il pudore, l’audacia il timore, la follia la ragione].
p. 453 Quando al posto della preposizione c’è solo il caso. Ovidio p. 526
Met.<amorfosi> III 462: verba refers aures non pervenientia
nostras [mi ricambi parole che non giungono alle mie orecchie]
p. 453 Poi scambio tra il duale e il plurale, in Omero si ha sia duvw p. 535
Aijvante che duv’ Aijvante".
p. 453 Nell’Il.<iade> II, 278 wJ" favsan hJ plhquv" [così diceva alla p. 536
folla]
p. 454 Or.<azio>, Od.<i>, III, 1 41: quodsi dolentem nec Phrygius lapis p. 573
nec pupurarum sidere clarior delenit usus (anziché clariurom)
[Ora se un marmo frigio o l’uso della porpora più splendente
degli astri […] non sollevano chi è prostrato dal dolore].
Od.<i> II, 19, 27 tinget pavimentum superbis pontiicum
potiore coenis (per potiore quam esse solet in pontiicum coenis)
[con vino puro migliore (di quello) delle cene solenni dei
ponteici tingerà il pavimento]
p. 455 Ermogene dice che il lovgo" ajlhqhv" [il discorso vero], p. 581
per rappresentare la natura di forti stimoli, non dovrebbe
aver timore nemmeno di ferire l’ajkolouqiva [correttezza
grammaticale]
Hague 1968.
35 Cit. in E. Schaffer, Philosophie und Philologie bei Nietzsche, cit., p. 640.
Composizione e Wirkungsgeschichte 113
er, Lange e Hartmann non sono meno prioritarie alla lettura di Gerber, e nel 2000 uno
studio di Christof Kalb ha messo in evidenza come la posizione di Gerber sarebbe stata
il punto di partenza di una rilessione che risulta già su un diverso livello nella compo-
sizione delle Lezioni. Cfr. Ch. Kalb, Desintegration. Studien zu Friedrich Nietzsches Leib-
und Sprachphilosophie, Frankfurt a. M. 2000, in particolare pp. 144-166. Della stessa
opinione G. Most/Th. Fries, Die Quellen von Nietzsches Rhetorik-Vorlesung, cit., pp. 57
s.
37 Su questo cfr. anche A. Meijers/M. Stingelin, Konkordanz zu den wörtlichen Ab-
schriften, cit., p. 376; Most/Fries, Die Quellen von Nietzsches Rhetorik-Vorlesung, cit., pp.
23 ss.
114 Annamaria Lossi
teristisch mit dem Inhalte zusammenklingen: dafür ist dieselbe jetzt zu einfarbig und
entfärbt» (W. Wackernagel, Über den Ursprung und die Entwickelung der Sprache, p. 36).
116 Annamaria Lossi
42 In alcuni frammenti preparatori alla Nascita della tragedia Nietzsche aveva scritto
che la musica come linguaggio è «capace di chiarire all’ininito» («einer unendlichen
Verdeutlichung fähig ist», trad. mia lievemente modiicata; NF 2[10], KSA 7, pp. 47 s.;
Vol. III, Tomo III, parte 1, p. 41), mentre il linguaggio concettuale le è contrapposto.
Picchi e lucertole
Nietzsche e la tradizione dell’epigramma in
Vocazione di poeta
Giulia Baldelli
17 Wessen harr’ ich hier im Busche? Di chi sono in attesa tra i cespugli?
18 Wem doch laur’ ich Räuber auf? A chi tendo le insidie del brigante?
19 Ist’s ein Spruch? Ein Bild? Im Husche È un detto o un’immagine? D’un balzo
20 Sitzt mein Reim ihm hintendrauf. Gli si piazza alle terga la mia rima.
21 Was nur schlüpft und hüpft, gleich sticht Sol ciò che guizza e che saltella via
er
22 Dichter sich’s zum Vers zurecht. Pronto è il poeta a incider ben nel verso.
23 – „Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter“ – „Sì, signor mio, voi siete un poeta“
24 Achselzuckt der Vogel Specht. Fa spallucce l’uccello picchio.
25 Reime, mein’ ich, sind wie Pfeile? Ma quali salti, quali guizzi e tremiti
26 Wie das zappelt, zittert, springt, Non son le rime, penso, come frecce?
27 Wenn der Pfeil in edle Theile Se la freccia coglie nell’eletta
28 Des Lacerten-Leibchens dringt! Parte del corpicciolo di lucertola!
120 Giulia Baldelli
29 Ach, ihr sterbt dran, arme Wichter, Ah, questo vi fa morire, poveretti,
30 Oder taumelt wie bezecht! O barcollare come avvinazzati!
31 – „Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter“ – „Sì, signor mio, voi siete un poeta“
32 Achselzuckt der Vogel Specht. Fa spallucce l’uccello picchio.
esplicitamente nel merito del linguaggio poetico, di questioni di metro, rima e ritmo della
poesia di Nietzsche, si è deciso di citare l’originale tedesco nel testo con la traduzione
italiana. Per le poesie di Goethe, Herder e Klopstock si riporta invece l’originale nel testo
e la traduzione italiana in nota. Ove non altrimenti indicato, le traduzioni dal tedesco
presenti nel testo sono di Susanna Zellini (n.d.c).
2 Si fa qui allusione al circolo vizioso poetologico che si compie già nella prima
strofa e che consiste nel fatto che l’Io lirico parla già in questo modo sin dall’inizio, così
Vocazione di poeta 121
come durante la trasformazione del poeta e parlando compone: ciò signiicherebbe che
almeno nei primi versi può essere distinto dall’autore della poesia, ovvero da Nietzsche.
L’ipotesi di un’ulteriore paternità inzionale dell’opera da parte del principe Vogelfrei,
che potrebbe rappresentare questo Io, si accompagna tuttavia a un ulteriore paradosso
in riferimento all’uccello picchio, che partecipa in modo decisivo alla genesi del poeta.
Sulla questione della paternità dell’opera cfr. H. Detering, Stagnation und Höhenlug,
«Die Lieder des Prinzen Vogelfrei», in C. Benne, J. Georg (a cura di), Friedrich Nietzsche:
Die Fröhliche Wissenschaft, Berlin/Boston 2015, pp. 152 s. L’intreccio e l’indissolubilità
dell’origine e dell’effetto in questo processo di genesi del poeta emergono dal fatto che il
poetare, da un lato, ha luogo nel tentativo di interpretare un presunto dato naturale per
mezzo del ritmo dell’Io lirico; dall’altro, l’Io contrappone a questo poetare emergente
una forte resistenza, in quanto lo percepisce come un impulso proveniente dall’esterno,
come qualcosa di inaccettabile che deve essere combattuto.
3 Si tratta qui del verso 38, dove il ritmo si interrompe: «Che ne – gioisce? Malvagi-
tà – di poeti?».
4 Luca Crescenzi deinisce gli Idilli di Messina, e dunque anche Giudizio d’uccello,
come appartenente al genere del Volkslied tedesco. Cfr. L. Crescenzi, Nietzsches Idyllen
122 Giulia Baldelli
seconda strofa, alle prime due strofe di Vocazione di poeta. Qui tuttavia si pone in ri-
ferimento al passo di Zarathustra «così parla l’uccello picchio». La tesi che l’uccello sia
l’interlocutore del dialogo poetologico viene sostenuta ad esempio da Stephan Braun:
«il legame con l’uccello va talmente oltre, che l’Io lirico nella poesia Giudizio d’uccello
entra in relazione con un picchio nel dialogo poetologico. Il canto, a cui l’Io obbedisce,
è il ritmo dato dal picchio». Cfr. S. Braun, Nietzsche und die Tiere oder: Vom Wesen des
Animalischen, Würzburg 2009, p. 46. Questa interpretazione di Giudizio d’uccello si basa
nel caso speciico, come abbiamo già detto, sul riferimento allo Zarathustra, e tuttavia
non può essere applicato facilmente a Vocazione di poeta (a questo proposito cfr. anche
H. Detering, Stagnation und Höhenlug, cit., p. 160). Il presunto dialogo con un uccello
si trova anche in altre poesie di Nietzsche, come ad esempio in Der Wanderer, conte-
nuta nei frammenti postumi (NF 28[58], KSA 11, pp. 322 s.). Anche qui viene subito
sottolineata la capacità dell’uccello di parlare: «Il buon uccello tace e poi parla: / ‚No,
viandante, no! non te voglio adescare / con le risonanze insistenti – […]» (la traduzione
della poesia si trova nel volume Ditirambi di Dioniso e poesie postume, Vol. VI, Tomo IV,
pp. 125-127, qui p. 127. Si fa riferimento al testo dell’autunno del 1884, sebbene la prima
stesura risalga al 1876, quando Nietzsche ricevette la notizia del idanzamento di Erwin
Rohde, ed è contenuta nella lettera a Rohde del 18 luglio 1876. Cfr. KSB 5, pp. 176 s.).
Cfr. al riguardo il Canto del viandante notturno II di Goethe: «I piccoli uccelli tacciono
nel bosco, / Aspetta un poco, presto / riposerai anche tu» (J. W. von Goethe, Opere, cit.,
Vol. 5, 1961, p. 827).
Vocazione di poeta 123
Cfr. S. L. Gilman, Incipit Parodia: The function of parody in the lyrical poetry of Friedrich
Nietzsche, in «Nietzsche-Studien», 4 (1975), p. 71.
124 Giulia Baldelli
7 Dieter Breuer descrive questo aspetto nella sua interpretazione della poesia come
«rafigurazione del processo poetico» e come «autorilessione ironica e […] parodia di
metro e rima alternati», nel senso di un poeta prigioniero della forma antica, a cui non
resta altro che fare prendersi gioco di tale forma, mentre viene presentato un poeta che
combatte tale forma con i suoi propri mezzi. Cfr. D. Breuer, Deutsche Metrik- und Vers-
geschichte, München 3. Aul. 1994, pp. 237 s.
8 Ad esempio nel v. 21, «Sol ciò che guizza e che saltella via», e nel v. 26, «Ma quali
Die so zierlich und schnell fahren dahin und daher. / Schlängelchen scheinen sie gleich,
doch viergefüßet, sie / laufen, / Kriechen und schleichen, und leicht schleppen das /
Schwänzchen sie nach. / Seht hier sind sie! und hier! sie sind verschwunden! wo sind /
sie? / Welche Ritze, welch Kraut nahm die Entliehenden auf? / Wollt ihr mir’s künftig
erlauben; so nenn ich die Tierchen / Lacerten, / Denn ich brauche sie noch oft als gefäl-
liges Bild» («Già da assai tempo v’avrei volentieri parlato / di quelle bestioline, che così
rapide e graziose / corrono qua e là. / Rassomigliano a serpentelli, però a quattro zampe:
esse corrono, strisciano, scivolano, ed / agili si tirano indietro le piccole code. / Guardate!
Eccole qui e colà. Ora sono sparite! Dove sono? Quale fenditura, quale erba/ ha accolto
le fuggenti? Se d’ora in poi me lo permettete, chiamerò / coteste bestioline lucertole;
poiché spesso me / ne servirò ancora come di una grata imagine», Opere, cit., p. 179).
12 Ivi, n. 68, p. 457 («Chi ha visto delle lucertole, può rappresentarsi le graziose fan-
mi nel Caso Wagner, dove difende Goethe dalla puritana e «moralista Germania»: «è
noto il destino di Goethe […] Egli fu sempre urtante per i tedeschi, […] Che cosa rim-
proverano a Goethe? Il ‚monte di Venere‘ nonché di aver composto gli Epigrammi vene-
ziani. Già Klopstock gli tenne una predica morale; ci fu un tempo in cui Herder, quando
parlava di Goethe, usava di preferenza la parola ‚Priapo‘» (WA 3, KSA 6, p. 18; Vol. VI,
Tomo III, p. 57). Cfr. anche C. Zittel, Deutsche Klassik und Romantik. Goethe – Herder
126 Giulia Baldelli
Jahrbuch», 120 (2003), pp. 242-261) raccoglie molte analoghe corrispondenze, citazioni
e acquisizioni da parte di Goethe.
16 Alle dimostrazioni di questa tesi appartengono anche la citazione di Marziale, po-
sta come motto di premessa ai suoi epigrammi, «Hominem pagina nostra sapit», o anche
il titolo Epigrammes Vénitiens, d’après le sens de Martial scritto in francese dallo stesso
Goethe nel 1823 per riassumere il suo lavoro. Cfr. S. Oswald, Früchte einer großen Stadt,
cit., pp. 115-133.
17 S. Oswald, Früchte einer großen Stadt, cit., p. 247.
18 Cfr. in particolare Zerstreute Anmerkungen über das Epigramm und einige Epi-
del genere dell’epigramma. Cfr. J. G. Herder, Anmerkungen über das griechische Epi-
gramm, cit., pp. 526-533.
20 Ivi, p. 526.
21 F. G. Klopstock, 31. Elfte, vergeßne Vorrede, in ders., Werke und Briefe. Epigram-
me, a cura di K. Hurlebusch, Berlin/New York 1982, p. 13: «Ora l’epigramma è una
freccia, / colpisce con la punta; / ora è una spada, / colpisce con la lama; / qualche volta è
anche (ai greci piaceva così) / un piccolo quadro, un raggio mandato / non per bruciare,
128 Giulia Baldelli
originale riporta il titolo Sauroctonos Corinthius: «Ad te reptanti, puer insidiosae, lacer-
tae / parce; cupit digitis illa perire tuis».
23 La statua di bronzo Apollo Sauroctono dello scultore ateniese Prassitele (ca. 390-
320 a.C.), che risale alla metà del IV sec. a.C., appartiene, con l’Afrodite Cnidia, l’Eros di
Tespie e una serie di statue di satiri, ai suoi lavori più importanti. Copie di esso si trovano
nei Musei vaticani e al Louvre.
Vocazione di poeta 129
nei canti vedici e antichi: già nel «Rigveda il confronto con la freccia è riconoscibile. Il
canto viene messo a confronto con la freccia […]. Il cantante è un arciere […], il discor-
so è composto dalle freccie di colui che canta […]. Inoltre […] deve essere ricordato
anche il confronto con le fasi più antiche della cultura greca [l’Odissea, l’Iliade e gli Inni
di Omero e Eraclito] che si riferiscono alle somiglianze esterne della lira e dell’arco (so-
prattutto l’incordatura). […] La lira e l’arco sono entrambi di competenza di Apollo»
(R. Nünlist, Poetologische Bildersprache der frühgriechischen Dichtung, Stuttgart/Leipzig
1998, pp. 143 s.).
26 S. Kansteiner, L. Lehmann et al. (a cura di), Text und Skulptur: Berühmte Bildhauer
und Bronzegießer der Antike in Wort und Bild, Berlin 2007, pp. 92 s.: «La parola sau-
roktonos (uccisore di lucertole) usata da Plinio e Marziale non è sicuramente l’invocazio-
ne originaria (epiclesi) di questa rappresentazione di Apollo, piuttosto, nell’ignoranza del
legame culturale originale, essa viene dedotta solo attraverso gli attributi della lucertola
e della freccia. […] Nell’originale non si poteva quasi riconoscere il Dio prima dell’ucci-
sione della lucertola: poiché la lucertola non era vista come un parassita, la scena sarebbe
tutt’al più comprensibile come allusione all’uccisione del leggendario drago Pitone, tutta-
via non bisogna aspettarsi un tale aspetto quasi parodico in una scultura del IV secolo. Se
130 Giulia Baldelli
del fanciullo» viene nominata e sottolineata sia da Bacchilide («un altro rivolge al fanciul-
lo il suo arco variopinto»), sia da Pindaro. In Pindaro, ad esempio, si legge: «Gli uomini
del passato […] seduti sul carro delle muse accompagnato dalla celebre lira, tiravano
leggere con l’arco le canzoni smielate del fanciullo». Cit. in R. Nünlist, Poetologische
Bildersprache, cit., pp. 145 s.
28 Cfr. S. L. Gilman, «Braune Nacht». Friedrich Nietzsche’s Venetian Poems, in
Gaia Scienza: «Quella manciata di canzoni per esempio […] – Canzoni in cui un poeta si
burla di tutti i poeti in un modo dificilmente perdonabile. Ah, non sarà soltanto contro
i poeti e i loro bei ‚sentimenti lirici‘ che questo rigenerato darà libero corso alla sua mali-
zia» (FW Vorrede 1, KSA 3, p. 346; Vol. V, Tomo II, p. 28).
Vocazione di poeta 131
tanto su se stesso» (Epigramm, cit., p. 1). Questo vale anche per gli Epigrammi veneziani,
di cui circa «ventiquattro pezzi, un quarto di tutto il ciclo, [si occupano] prevalentemente
o almeno in parte di aspetti poetologici e […] rappresentano da un punto di vista tema-
tico il gruppo più ampio dell’intero ciclo di epigrammi» (S. Oswald, Früchte einer großen
Stadt, cit., p. 379).
32 R. Haym, Herder. Nach seinem Leben und seinen Werken, Vol. 1, Berlin 1958, p.
421.
33 Ivi, pp. 219-224. Cfr. anche E. Richter, G. Kurscheidt (a cura di), Kommentar, in
J. W. von Goethe, Briefe, 23. Mai 1764 – 30. Dezember 1772, Berlin 2008, pp. 358 s.
132 Giulia Baldelli
pp. 320 ss.: Volando arrivò un picchio / Da Francoforte sul Meno; / Batteva bene le ali,
/ E di questo rideva felice. / Era un caro picchio variopinto; / Cantate tutti, cantate: /
[coro] / Picchio variopinto! Picchio caro! / Da Francoforte sul Meno! / E in Vestfalia
nel bosco selvaggio, / dove un tempo si batté Arminio, / sedeva un povero giovane falco,
/ troppo presto paralizzato in volo, / troppo presto la sua ala si ruppe! / Così echeggiò
il bosco selvaggio; / [coro] / Povero falco! Povero falco! / […] / Veloce con trionfo
da picchio e astuzia / si avvicinò al falco: / «Quando si è un falco si è / un predatore,
buon’uomo; / ciò di cui si va speculando / è tutto vero, è tutto giusto» [coro] / Ci si crede
più nobile, Giove, / quando non si è un falco! / Il povero falco sospirava a fondo / La sua
ala pendeva pesante: / «Non è un fratello che in te parla, / Bella, variopinta ghiandaia!
/ Non lodo i tuoi colori ornamentali, / ti lascio una noce e un piccolo bove?» / [coro] /
Picchio variopinto! Picchio di Apollo! / Ornamento della sua lira!
35 Cfr. l’elenco delle fonti antiche citate in R. Nünlist, Poetologische Bildersprache der
36 J. W. von Goethe, Briefe 23. Mai 1764 – 30. Dezember 1772, cit. p. 413. Con ciò si
persino un Argo dai cento occhi, guardi per cento anni una statua, e la consideri da ogni
lato; non è una creatura fornita di mani, che una volta abbia potuto tastare, e quanto-
meno tastare se stessa; un occhio d’uccello, tutto becco, tutto sguardo, tutto ali e artigli,
non avrà mai di una tale cosa che una visione a volo d’uccello. […] L’occhio è solo un
indicatore, solo la ragione della mano; solo la mano dà le forme, i concetti di ciò che esse
signiicano, di ciò che in esse abita» (J. G. Herder, Plastica, a cura di D. Di Maio e S.
Tedesco, Palermo, 2010, pp. 35, 55).
Vocazione di poeta 135
Tutto è occhio in voi, mi dite spesso. Ora lo capisco, io chiudo gli occhi
e brancolo nel buio38.
della traduzione del canto popolare anche R. Singer, “Nachgesang”. Ein Konzept Herders,
entwickelt an Ossian, der Popular Ballad und der frühen Kunstballade, Würzburg 2006,
pp. 17-32.
40 J. G. Herder, Anmerkungen über die Anthologie der Griechen, cit., pp. 512 s.
41 J. G. Herder, Einleitung zu den Zerstreuten Blättern, cit., p. 764.
136 Giulia Baldelli
sottolineare che mi ero riproposto di considerarlo [il Reineke Fuchs] come un esercizio
in esametri, che noi allora liberamente avevamo proposto solo al nostro udito. Voß, che
aveva capito la situazione, mentre Klopstock era ancora in vita, non voleva dirgli in faccia
quanto i suoi esametri fossero terribili, per pietà del vecchio signore. Dovevamo espiarlo
noi giovani, iniziati in da giovani a questa ritmica» (J.W. von Goethe, Sämtliche Werke,
Tag- und Jahres-Hefte, Vol. 17, a cura di I. Schmid, Frankfurt a. M. 1994, p. 24).
138 Giulia Baldelli
dagli stranieri / […] tu comprendi le lingue straniere, lettore tedesco, in una / breve
poesia comprendi bene anche una parola straniera»).
47 V. Hehn, Gedanken über Goethe, Berlin 1909, p. 387.
48 August von Platen, nella poesia Amali (1827), propone ad esempio una soluzione
diversa: «Núr Eidéchsen umklettern es jetzt, nur latternde Raben», cit. in M. Koch, E.
Vocazione di poeta 139
Petzet (a cura di), August Graf von Platens sämtliche Werke, Vol. 4, Leipzig 1910, p. 146.
Cfr. anche V. Hehn, Gedanken über Goethe, cit., p. 388.
140 Giulia Baldelli
5. Conclusioni
mode is the intrinsic value of the parody vis-a-vis its prototype. […] The independent
existence of parody excludes its consideration as a trivial appendage to the original. Since
it functions on a level equal and parallel to the most exalted structures, it is not predispo-
sed to treat its prototype in a negative manner, that is, to transmute it into the realm of the
comic» (S. L. Gilman, Incipit parodia, cit., p. 55). E su Nietzsche: «Through his parody,
through his selection of items from the rag bag of history and his crafting them into his
own garment, the reader is given a look into Nietzsche’s perception of the prototypes and
therefore into the inner workings of his creative imagination» (ivi, p. 62).
50 Particolarmente interessante è la questione se con il verso «Tu un poeta? Saresti tu
un poeta?» (v. 13) si intende veramente una igura di poeta, o piuttosto due poeti diversi.
142 Giulia Baldelli
Gabriella Pelloni
Ich sage zugleich noch ein allgemeines Wort über meine Ku nst
des St i ls. Einen Zustand, eine innere Spannung von Pathos durch
Zeichen, eingerechnet das tempo dieser Zeichen, m it z ut hei le n – das
ist der Sinn jedes Stils; und in Anbetracht, dass die Vielheit innerer
Zustände bei mir ausserordentlich ist, giebt es bei mir viele Möglich-
keiten des Stils – die vielfachste Kunst des Stils überhaupt, über die je
ein Mensch verfügt hat. Gut ist jeder Stil, der einen inneren Zustand
wirklich mittheilt, der sich über die Zeichen, über das tempo der Zei-
chen, über die Gebä rde n – alle Gesetze der Periode sind Kunst der
Gebärde – nicht vergreift (EH Bücher 4, KSA 6, S. 304).
Diese Äußerung zum Stil als der Fähigkeit, eine innere Span-
nung von Pathos, einen inneren Zustand durch Zeichen wirklich
mitzuteilen, zeugt davon, dass Nietzsche, aller radikalen Skepsis
gegenüber der Sprache als Instrument geglückter Selbstrele-
xion und –erkenntnis zum Trotz, auch eine Idee von Sprache
anvisiert, die nicht als Schein und Verführung verstanden wird.
Neben der in Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen
Sinne formulierten Kritik der Sprache aus ihrer Begriflichkeit
144 Gabriella Pelloni
che sind, Metaphern, die abgenutzt und sinnlich kraftlos geworden sind» (WL, KSA I,
880 f.). Nietzsche hält an die Prinzipien dieser Kritik bis ins Spätwerk fest, verfeinert sie
aber analytisch, wenn er sie auf die «Verführung von seiten der Grammatik her» aus-
dehnt (JGB, KSA 5, S. 11 f.).
2 S. Kofman, Nietzsche und die Metapher, übers. von F. Scherübl, Berlin 2014, S.
202.
Zarathustras «Kunst der Gebärde» 145
3 Kommerell hat zeitlebens nur den Aufsatz über die Dionysos-Dithyramben publi-
ferenze, Vicenza 2005, S. 237-249. Das Hauptinteresse Agambens gilt einer Konzeption
der Sprache, in der das Wort als «Urgebärde» (Kommerell) verstanden wird. Er spricht
in Heideggerscher Terminologie vom «Wohnen in der Sprache», betont dabei allerdings
das «Wohnen ohne Worte in der Sprache» und deiniert die Geste in diesem Zusammen-
hang sogar als ein «Sich-nicht-zurecht-inden» in der Sprache, eine fundamentale Leere,
die von der Improvisation des Schauspielers überspielt wird. Zu Agambens Essay vgl. I.
Schiffermüller, Max Kommerell in der Philosophie von Giorgio Agamben. Zur Aufgabe der
Literaturkritik, in C. Benne, C. König, G. Pelloni, I. Schiffermüller (Hgg.), Max Komme-
rell (1902-1944). Zur Aktualität von Lektürepraxis und Traditionsbildung, Göttingen (im
Erscheinen).
5 Zur Konstellation Kommerell/Benjamin vgl. die Beiträge von M. Massalongo
1. Nietzsches Gebärdenbegriff
de) und R. Nägele (Vexierbild einer kritischen Konstellation. Walter Benjamin und Max
Kommerell), in W. Busch, G. Pickerodt (Hgg.), Max Kommerell. Leben – Werk – Aktua-
lität, Göttingen 2003, S. 118-161 und S. 349-367.
6 Überzeugend hat Lukas Labhart den Zusammenhang zwischen Nietzsches Über-
setzung von Aristoteles‘ Rhetorik, seine Überlegungen zum Stil und Also sprach Zarathus-
tra herausgearbeitet, ohne aber im Detail auf den Gebärdenbegriff einzugehen. Vgl. L.
Labhart, pro ommáton poiein. Nietzsches Teilübersetzung von Aristoteles‘ Rhetorik, Zur
Lehre vom Stil und Also sprach Zarathustra, in «Nietzscheforschung», 7 (2000), S. 141-
158.
7 Zu Kommerells Nietzsche-Rezeption vgl. neulich C. König, Zur Erkenntniskritik
8 Dazu vgl. auch MA I, 216: Während Gebärde und Mimus für Nietzsche der orga-
nischen Existenz und der Nachahmung der äußeren Natur verhaftet bleiben, überwindet
sich der Affektlaut in der Musik zu einem autonomen tonalen Kosmos. Zum Aphoris-
mus Gebärde und Sprache vgl. A. C. Bertino,“Vernatürlichung”. Ursprünge von Friedrich
Nietzsches Entidealisierung des Menschen, seiner Sprache und seiner Geschichte bei Johann
Gottfried Herder, Berlin/Boston 2011, S. 142 ff.
148 Gabriella Pelloni
Die Dichtung des Lyrikers kann nichts aussagen, was nicht in der
ungeheuersten Allgemeinheit und Allgültigkeit bereits in der Musik
lag, die ihn zur Bilderrede nöthigte. Der Weltsymbolik der Musik ist
eben deshalb mit der Sprache auf keine Weise erschöpfend beizukom-
men, weil sie sich auf den Urwiderspruch und Urschmerz im Herzen
des Ur-Einen symbolisch bezieht, somit eine Sphäre symbolisirt, die
über alle Erscheinung und vor aller Erscheinung ist (GT 6, KSA 1, S.
51).
niert wird, und das Melos als Reihenfolge von Wortklängen wer-
den als zwei idealtypische Dimensionen der Sprache betrachtet:
Das Wesen des Dinges ist dem Gedanken unerreichbar: dass er aber
auf uns als Motiv, als Willensanregung wirkt, ist daraus erklärlich, dass
der Gedanke bereits gemerktes Symbol für eine Willenserscheinung,
für Regung und Erscheinung des Willens zugleich geworden ist. Ge-
sprochen aber, also mit der Symbolik des Tons wirkt er unvergleichlich
mächtiger und direkter. Gesungen – erreicht er den Höhepunkt seiner
Wirkung, wenn das Melos das verständliche Symbol seines Willens ist:
ist dies nicht der Fall, so wirkt die Tonfolge auf uns, und die Wortfolge,
der Gedanke bleibt uns ferne und gleichgültig (DW 4, KSA 1, S. 576 f.).
9 «Im dionysischen Dithyrambus aber wird der dionysische Schwärmer zur höchs-
ten Steigerung aller seiner symbolischen Vermögen gereizt: etwas Nie-empfundenes
150 Gabriella Pelloni
drängt sich zur Äusserung, die Vernichtung der Individuatio, das Einssein im Genius der
Gattung, ja der Natur. Jetzt soll sich das Wesen der Natur ausdrücken: eine neue Welt
der Symbole ist nöthig, die begleitenden Vorstellungen kommen in Bildern eines gestei-
gerten Menschenwesens zum Symbol, sie werden mit der höchsten physischen Energie
durch die ganze leibliche Symbolik, durch die Tanzgeberde dargestellt. Aber auch die
Welt des Willens verlangt einen unerhörten symbolischen Ausdruck, die Gewalten der
Harmonie der Dynamik der Rhythmik wachsen plötzlich ungestüm. An beide Welten
vertheilt erlangt auch die Poesie eine neue Sphäre: zugleich Sinnlichkeit des Bildes, wie
im Epos, und Gefühlsrausch des Tons, wie in der Lyrik. Um diese Gesammtentfesselung
aller symbolischen Kräfte zu fassen, gehört dieselbe Steigerung des Wesens, die sie schuf:
der dithyrambische Dionysosdiener wird nur von Seinesgleichen verstanden» (DW 4,
KSA 1, S. 577). Die Stelle in der Geburt der Tragödie wird aus der Dionysischen Weltan-
schauung fast wortwörtlich übernommen.
Zarathustras «Kunst der Gebärde» 151
11 Vgl. L. Labhart, pro ommáton poiein, zit., der auf den Einluss der Rhetorik Aris-
toteles’, von der Nietzsche einige Abschnitte übersetzte, auf seine ‚Stillehre‘ und darüber
hinaus auf die Redesituationen des Zarathustra verweist. Doch in Ecce homo werden sol-
che Ausführungen zur Vortragskunst offensichtlich auf die Idee einer gebärdenhaften
dichterischen Sprache bezogen.
154 Gabriella Pelloni
Und bis dahin wird es Niemanden geben, der die Kunst, die hier
verschwendet worden ist, begreift: es hat nie jemand mehr von neuen,
von unerhörten, von wirklich erst dazu geschaffnen Kunstmitteln zu
verschwenden gehabt. Dass dergleichen gerade in deutscher Sprache
möglich war, blieb zu beweisen: ich selbst hätte es vorher am härtesten
abgelehnt […] Die Kunst des grossen Rhythmus, der grosse Stil der
Periodik zum Ausdruck eines ungeheuren Auf und Nieder von sub-
limer, von übermenschlicher, Leidenschaft ist erst von mir entdeckt;
mit einem Dithyrambus wie dem letzten des dritten Zarathustra, ‚die
sieben Siegel‘ überschrieben, log ich tausend Meilen über das hinaus,
was bisher Poesie hiess (ebd., S. 304 f.).
Ich versuche nun eine Art Zwischenfazit, mit dem ich gleich-
zeitig zum zweiten Teil meines Beitrags übergehe. Die Betonung
des gebärdenhaften Charakters der Sprache umfasst bei Nietz-
sche folgende Aspekte:
1. Es geht nicht einfach um eine bestimmte gute Schreibart,
sondern um eine alle Ausdruckbereiche umfassende Artikulation
innerer Dispositionen (Stichwörter dafür: «inneren Zustand»,
«Grundregung des Inneren», «Leidenschaft», «Empindung»,
«Gefühl», «Pathos», usw.)12. Die Sprache als Gebärde umfasst
alle Phänomene des Ausdrucks sowie die Zeichen oder Medien,
innere Zustände auszudrücken. Am deutlichsten fasst Nietzsche
den Gebärdencharakter der Sprache als Ausdruckbewegung in
einem 1882 verfassten Nachlassnotat:
12 Zur Frage des Pathos im Zarathustra, ausgehend von der Auslegung des griechi-
schen Dithyrambenchors in der Geburt der Tragödie, vgl. E. Müller, Das Pathos Zarathus-
tras, in G. Pelloni, I. Schiffermüller (Hgg.), Pathos, Parodie, Kryptomnesie. Gedächtnis
der Literatur in Nietzsches Also sprach Zarathustra, Heidelberg 2015. S. 11-31.
156 Gabriella Pelloni
Nur als Gebärde gelingt es demnach der Sprache, mehr als ein
rein ästhetisches Phänomen zu sein: Ihre Leistung wäre es viel-
mehr, das Vorsprachliche (als die «Musik», die «Leidenschaft»,
die «Person») mit der künstlerischen Form zusammenzufügen.
2. Die Sprache als Gebärde bleibt an den menschlichen Kör-
per gebunden. Wie im Aphorismus Gebärde und Sprache (MA I
216) erörtert wird, in dem Nietzsche in der kulturanthropologi-
schen Entwicklungstheorie der Sprache seit Vico, Hamann und
Herder fest verankert scheint, entstehen sprachliche Zeichen
evolutionsgeschichtlich aus den Gebärden der Körper, die Emp-
indungen ausdrücken:
Älter als die Sprache ist das Nachmachen von Gebärden, welches
unwillkürlich vor sich geht und jetzt noch, bei einer allgemeinen
Zurückdrängung der Gebärdensprache und gebildeten Beherrschung
der Muskeln, so stark ist, daß wir ein bewegtes Gesicht nicht ohne
Innervation unseres Gesichtes ansehen können […]. Die nachgeahmte
Gebärde leitete den, der nachahmte, zu der Empindung zurück, wel-
che sie im Gesicht oder Körper des Nachgeahmten ausdrückte. So
lernte man sich verstehn […] (MA I 216, KSA 2, S. 176).
sen, die Länge und Kürze der Worte, die besonderen Wortstel-
lungen generiert. Damit verbunden ist der Grundgedanke, dass
das Entscheidende des Werks nicht so sehr in einer neuen Phi-
losophie liegt, sondern in der neuen Vortragsart der Gedanken
und auch vor allem darin, dass die Gedanken nicht im eigenen
Namen vorgetragen werden. Im Zeichen der Gebärde lässt sich
der Text vielmehr als ein speziisches Denkdrama lesen, das in
einer Galerie von Typen eine sinnliche Verkörperung indet.
So jedenfalls las der Literaturkritiker Max Kommerell das
Hauptwerk Nietzsches in den 30er Jahren. In einem 1935 da-
tierten Typoskript einer Rede mit dem Titel Zwei symbolische
Bücher. Über Nietzsche und George betrachtet Kommerell die
iktive Figur Zarathustra als das Hauptsymbol eines Dramas, das
als Parodie eines heiligen Buches «Lösegewalt» ausüben will,
während die anderen Figuren als «gespenstisch Verselbstete,
Vergangenheiten, Verwandlungen, Möglichkeiten Nietzsches»
bezeichnet werden13: Symbole eines Selbst also, das keine allge-
meingültigen, bindenden Werte mehr kennt und als Folge davon
eine neue, eigentümliche Sprache spricht. Es lohnt sich, den zen-
tralen Abschnitt dieser Rede in seiner Vollständigkeit zu zitieren,
weil der enge Zusammenhang von ‚Sein‘, Symbolisierung und
sprachlicher Form, den Kommerell in den literarischen Werken
nachspürt, hier in aller Deutlichkeit hervortritt:
Aus diesem Widerspruch des Lebens mit sich selbst, der aus jeder
Art die Überart hervorreizt, geht das Postulat des Übermenschen
hervor – er verliert sein Sonderbares, wenn wir ihn so auffassen, daß
Nietzsche durch diesen Begriff auch den Menschen für das Werden
zurückgewinnt […]. So hängt der Übermensch mit dem Tod Gottes
zusammen: Nicht nur werden die steigernden Potenzen vom metaphy-
sischen Raum auf den Menschen zurückgeleitet, sondern der wandel-
lose Gott als Bürge wandelloser Werte enthielt das Bild des Menschen
dem Wandel vor. Zarathustras Gottesbegriff ist perspektivisch: Götter
sterben an Göttern, die aus der Fülle des Leibes, aus dem Übermut
der Kraft hervorgegangen, als freie Setzungen nicht weniger wirklich
sind: der Kampf des Lebens mit dem Leben gipfelt in diesem Kampf
der Bilder mit den Bildern14.
14 Ebd., S. 112 f.
160 Gabriella Pelloni
sich die Betrachtung der Sprache des Werkes auf den Begriff der
Gebärde stützt. Beim Vergleich von Hölderlins Hyperion und
dem Zarathustra schreibt Kommerell z. B. zum Kapitel Mittags:
Zarathustra scheint seiner Form nach ein heiliges Buch: die Le-
gende und die Reden eines religiösen Stifters. Aber schon darin, dass
er eine literarische Nachahmung solcher Dokumente ist, die auf die
wirkliche, wenn auch verhüllte Geschichte eines solchen Stifters und
seiner Jünger zurückgehen, liegt die Andeutung, er möchte, statt eines
heiligen Buches, die Parodie eines solchen sein. Nur müssen wir dann
von diesem Begriff entfernen, was einer Verhöhnung oder einer Ver-
zerrung ähnlich sieht 21.
schließen, vor allem im 4. Teil (vgl. u.a. Der Nothschrei, Gespräch mit den Königen, Der
Schatten). Ähnliches ließe sich für jene possenhaften Szenengebilde sagen, die sich an
die Form der Mysterienspiele anlehnen (vgl. z. B. die Kapitel Die Erweckung, oder Das
Eselfest). Zur Parodie im Zarathustra vgl. neulich C. Benne, Incipit Parodia – noch einmal,
in G. Pelloni, I. Schiffermüller (Hgg.), Pathos, Parodie, Kryptomnesie, zit., S. 49-66.
164 Gabriella Pelloni
Isolde Schiffermüller
1 G. Anders, Kafka pro und contra. Die Prozeß-Unterlagen, München 1984, S. 108 f.
Vgl. dazu B. Nagel, Kafka und die Weltliteratur, München 1983, S. 299.
2 W. H. Sokel, Franz Kafka. Tragik und Ironie, Frankfurt a. M. 1976, S. 75.
3 W. H. Sokel, Franz Kafka, zit., S. 75.
4 Vgl. P. Bridgewater, Kafka and Nietzsche, Bonn 1974.
5 Vgl. L. Trabert, Erkenntnis- und Sprachproblematik in Franz Kafkas «Beschreibung
eines Kampfes» vor dem Hintergrund von Friedrich Nietzsches «Über Wahrheit und Lüge
im außermoralischen Sinne», in «DVjS», 61/2 (1987), S. 298-324.
Nietzsche und Kafka 171
Friedrich Nietzsche und die Literatur der klassischen Moderne, Frankfurt a. M. 2009, S.
129-146, hier S. 133 f.
8 M. Brod, Über Franz Kafka, Frankfurt a. M. 1974, S. 258.
172 Isolde Schiffermüller
und nicht den puren Gegensatz gäbe; als ob das, was Kafka Gesund-
heit nennt, nämlich ein reines, liebevolles, niemanden schädigendes
Leben, und Nietzsches betonte Mitleidlosigkeit der «blonden Bestie»
einen gemeinsamen Nenner hätten9.
Max Brod mag insofern recht haben, als es falsch wäre, Kafka
ins Dämmerlicht des Nihilismus zu stellen oder ihn als Vitalisten
zu bezeichnen, sicher aber ist, dass seine polemische Stellung-
nahme auf einem reduktiven Verständnis von Nietzsches Phi-
losophie beruht, das für die Rezeption seiner Epoche und für
die Ideologie des beginnenden 20. Jahrhunderts charakteristisch
war.
Es gibt Zeugnisse dafür, dass Kafka seit seiner Schulzeit Nietz-
sche kannte und las10. Angeblich war es vor allem der Jugend-
freund Oskar Pollak, der den Anstoß zu Kafkas Nietzsche-Lek-
türe gab11. Auf Pollaks Anregung hin abonnierte Kafka auch die
Halbmonatsschrift Der Kunstwart, die die Nietzschebegeiste-
rung seiner Generation nährte. Als sicher gilt, dass er schon um
die Jahrhundertwende Also sprach Zarathustra und wohl auch
die Geburt der Tragödie las, wahrscheinlich später dann Zur Ge-
nealogie der Moral. In Kafkas Bibliothek ist allerdings lediglich
ein «gut erhaltener Halblederband» von Also sprach Zarathustra
in einer Ausgabe des Jahres 1904 enthalten, der «Randbemer-
kungen in deutscher Schreibschrift» aufweist, die «nicht von
Kafka»12 stammen. In einer Bücherliste, die wahrscheinlich auf
das Jahr 1923 datierbar ist, wird weiters der Nietzsche-Band von
9 Ebd., S. 259.
10 Vgl. W. H. Sokel, Franz Kafka, zit., S. 603 f. (Fußnote 2): Dass der junge Kafka
Nietzsche liebte, bezeugt etwa die Jugendfreundin Selma Robitschek (geb. Kohn), der
Kafka um 1900 aus Nietzsches Schriften vorlas. Sokel erwähnt auch eine mündliche Mit-
teilung von Gustav Janouch, der zufolge Kafka im Besonderen die Geburt der Tragödie
schätzte, von der er Janouch ein Exemplar schenkte.
11 Vgl. P. A. Alt, Kafka. Der ewige Sohn. Eine Biographie, München 2005, S. 92 f.
12 J. Born, Kafkas Bibliothek. Ein beschreibendes Verzeichnis. Mit einem Index aller in
13 E. Bertram, Nietzsche. Versuch einer Mythologie, Berlin, 6. Aul. 1922. Vgl. dazu J.
Born, Kafkas Bibliothek, zit., S. 183.
174 Isolde Schiffermüller
15 Vgl. P. Cersowsky, Die Geschichte vom schamhaften Langen und vom Unredlichen
hinaus will, er muss ganz einfach die Decke seines Hauses durch-
stoßen, wenn er sich aufrichten will, um dann «ohne sonderliche
Absicht» auf die Strohdächer des Dorfes hinunterzuschauen.
Auch die geduckte Haltung, die er in seinem Zimmer einneh-
men muss, ist anfangs kein Grund zur Scham, wie die folgende
Szene zeigt:
18 Ebd.
19 Ebd.
178 Isolde Schiffermüller
Da aber sahe er, als er die Augen aufthat, Etwas, das am Wege
sass, gestaltet wie ein Mensch und kaum wie ein Mensch, etwas Un-
aussprechliches. Und mit einem Schlage überiel Zarathustra die gros-
se Scham darob, dass er so Etwas mit den Augen angesehen habe:
erröthend bis hinauf in sein weisses Haar, wandte er den Blick ab und
hob den Fuss, dass er diese schlimme Stelle verlasse (ZA IV, KSA 4, S.
327 f.).
Alltäglichen und deutet eine geradezu mythische Last an, wie sie
die Atlanten auf ihren Schultern tragen21.
he von typischen Figuren der Entstellung, die alle mit einem «Urbilde der Entstellung,
dem Buckligen» verbunden sind: W. Benjamin, Franz Kafka. Zur zehnten Wiederkehr
seines Todestages, in Benjamin über Kafka. Texte, Briefzeugnisse, Aufzeichnungen, hg. von
H. Schweppenhäuser, Frankfurt a. M. 1981, S. 31.
22 Vgl. D. Oschmann, Skeptische Anthropologie, zit., S. 131.
23 Ebd., S. 133 f.
Nietzsche und Kafka 181
24 Ebd., S. 141.
25 F. Kafka, Drucke zu Lebzeiten, hg. von W. Kittler, H.-G. Koch und G. Neumann,
Frankfurt a. M. 2002, S. 311.
182 Isolde Schiffermüller
Erinnerung des gefangenen Affen, der auf dem Schiff aus seiner
Bewusstlosigkeit erwacht, setzt im Tierkäig ein:
26 Ebd., S. 302.
27 Ebd., S. 303.
28 Ebd., S. 304.
Nietzsche und Kafka 183
dem der Affe Pfeife rauchen und Schnaps trinken lernt, stößt
das äfische Verlangen nach Nachahmung schließlich direkt auf
den Unterricht eines menschlichen Lehrers, der das Rätsel der
Tiernatur lösen will. Mensch und Affe kämpfen hier, wie es aus-
drücklich heißt, «auf der gleichen Seite gegen die Affennatur»33,
um das Versprechen der Nachahmung einzulösen, der Affe ganz
Ungeduld der mimischen Kräfte, der Mensch ganz demonstra-
tiver Gestus und Blickkontrolle. Der gemeinsame Kampf ist er-
folgreich. Den Höhepunkt und ersten Erfolg stellt zweifellos die
Feuerprobe mit der Schnapslasche dar, in der Rotpeter seinen
Ekel – ein distinktives Merkmal der abgewehrten Tiernatur34 –
überwindet und vor versammeltem Publikum einen erhabenen
Sieg über die animalischen Instinkte feiert:
Was für ein Sieg dann allerdings für ihn wie für mich, als ich ei-
nes Abends vor großem Zuschauerkreis […] eine vor meinem Käig
versehentlich stehen gelassene Schnapslasche ergriff, unter steigender
Aufmerksamkeit der Gesellschaft sie schulgerecht entkorkte, an den
Mund setzte und ohne Zögern, ohne Mundverziehen, als Trinker von
Fach, mit rund gewälzten Augen, schwappender Kehle, wirklich und
wahrhaftig leer trank; nicht mehr als Verzweifelter, sondern als Künst-
ler die Flasche hinwarf; zwar vergaß den Bauch zu streichen; dafür
aber, weil ich nicht anders konnte, weil es mich drängte, weil mir die
Sinne rauschten, kurz und gut «Hallo!» ausrief, in Menschenlaut aus-
brach35.
Wie die zitierte Szene vor Augen führt, kommt Kafkas Rot-
peter als mimischer Virtuose zur Welt, noch bevor er sich im
Laut der menschlichen Sprache wiedererkennen kann, er wird
als Schauspieler und Künstler gleichsam neu geboren.
Kafkas Erzählung entwirft im Unterschied zu Nietzsches
Genealogie der Moral die Genealogie einer artistischen Ver-
nunft und zeigt damit einen Ausweg aus den Aporien des an-
33 Ebd., S. 310.
34 Vgl. dazu W. Menninghaus, Ekel. Theorie und Geschichte einer starken Empin-
dung, Frankfurt a. M. 1999.
35 F. Kafka, Drucke zu Lebzeiten, zit., S. 310 f.
Nietzsche und Kafka 185
Wenn ich mich auf mein Endziel hin prüfe, so ergibt sich, daß ich
nicht eigentlich danach strebe ein guter Mensch zu werden und einem
höchsten Gericht zu entsprechen, sondern, sehr gegensätzlich, die gan-
ze Menschen- und Tiergemeinschaft zu überblicken, ihre grundlegen-
den Vorlieben, Wünsche, sittlichen Ideale zu erkennen, sie auf einfache
Vorschriften zurückzuführen und mich in ihrer Richtung möglichst
bald dahin zu entwickeln, daß ich durchaus allen wohlgefällig würde
und zwar (hier kommt der Sprung) so wohlgefällig, daß ich, ohne die
allgemeine Liebe zu verlieren, schließlich, als der einzige Sünder, der
nicht gebraten wird, die mir innewohnenden Gemeinheiten, offen, vor
aller Augen ausführen dürfte. Zusammengefaßt kommt es mir also nur
auf das Menschengericht an und dieses will ich überdies betrügen, al-
lerdings ohne Betrug39.
4. Kunststücke
Die Artisten aus Zirkus und Varieté sind bei Kafka die Vertre-
ter einer Kunst, in der der Künstler Körper und Leben aufs Spiel
setzt. Sie alle teilen mit den Tieren den Akt der Dressur, sie alle
experimentieren den Glanz und die Fragwürdigkeit einer Kunst-
übung, für die das ganze Leben als Einsatz dient. Exemplarisch
ist in dieser Hinsicht das Prosastück Auf der Galerie, in dem
Kafka eine Zirkusszene, genauer das Glanzstück einer Kunstrei-
37 Th. W. Adorno, Aufzeichnungen zu Kafka, in ders., Prismen. Kulturkritik und Ge-
in F. Kafka, Briefe 1914-1917, hg. von H.-G. Koch, Frankfurt a. M. 2005, S. 333 und 342
f.
39 F. Kafka, Tagebücher, hg. von H.-G. Koch, M. Müller und M. Pasley, Frankfurt a.
40 Vgl. P.W. Beiken, Franz Kafka. Eine kritische Einführung in die Forschung, Frank-
furt a. M. 1974, S. 302-306, sowie die Bibliographie in: Franz Kafka. Romane und Erzäh-
lungen. Interpretationen, hg. von M. Müller, Stuttgart, 2. Aul. 2003, S. 232.
41 F. Kafka, Drucke zu Lebzeiten, zit., S. 262.
188 Isolde Schiffermüller
Da es aber nicht so ist; eine schöne Dame, weiß und rot, herein-
liegt, zwischen den Vorhängen, welche die stolzen Livrierten vor ihr
öffnen; der Direktor, hingebungsvoll ihre Augen suchend, in Tierhal-
tung ihr entgegenatmet; vorsorglich sie auf den Apfelschimmel hebt,
als wäre sie seine über alles geliebte Enkelin, die sich auf gefährli-
che Fahrt begibt; sich nicht entschließen kann, das Peitschenzeichen
zu geben; schließlich in Selbstüberwindung es knallend gibt; neben
dem Pferde mit offenem Munde einherläuft; die Sprünge der Reiterin
scharfen Blickes verfolgt; ihre Kunstfertigkeit kaum begreifen kann;
mit englischen Ausrufen zu warnen versucht; die reifenhaltenden Reit-
knechte wütend zu peinlichster Achtsamkeit ermahnt; vor dem großen
Saltomortale das Orchester mit aufgehobenen Händen beschwört, es
möge schweigen; schließlich die Kleine vom zitternden Pferde hebt,
auf beide Backen küßt und keine Huldigung des Publikums für ge-
nügend erachtet; während sie selbst, von ihm gestützt, hoch auf den
Fußspitzen, vom Staub umweht, mit ausgebreiteten Armen, zurück-
gelegtem Köpfchen ihr Glück mit dem ganzen Zirkus teilen will – 42.
Wahr und evident ist in Kafkas Parabel das Pathos der Kunst,
das sich in den Gesten der Huldigung, der Selbstüberwindung
und Erlösung mitteilt, in einem Glück, an dem die ganze Arena
partizipiert.
42 Ebd., S. 262 f.
Nietzsche und Kafka 189
43 Ebd., S. 263.
190 Isolde Schiffermüller
Herwig Gottwald
1 R. Safranski, Schopenhauer und die wilden Jahre der Philosophie. Eine Biographie,
gelianers Adorno richtet sich gegen Hegels Diktum «Das Wahre ist das Ganze», damit
gegen die großen System-Philosophien des 19. Jahrhunderts. Vgl. Th. W. Adorno, Mini-
ma moralia. Relexionen aus dem beschädigten Leben (1944), Frankfurt a. M. 1991, S. 57.
Adorno bezieht sich auf G. W. F. Hegel, Phänomenologie des Geistes (1807), Hamburg
1952, S. 21.
194 Herwig Gottwald
sung der Erstdrucke, hg. von B. Hillebrand, Frankfurt a. M. 1989, S. 495-504, hier S. 496.
8 Auf den inszenatorischen Charakter der Schriften Nietzsches, der eine «obskure
rung, Griff – tempo l ento – bis zum Ende dramatisch geschürzt, zuletzt K at as t r o p h e
und plötzliche Erlösung» (NF 2[80], KSA 12, S. 100).
Genie und Dämon 195
derts vgl. P. Gay, Kult der Gewalt. Aggression im bürgerlichen Zeitalter (1993), München
1996.
196 Herwig Gottwald
[…]. Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit. […] Mit Alledem bin ich
nothwendig auch der Mensch des Verhängnisses. […] Der Begriff Po-
litik ist dann gänzlich in einen Geisterkrieg aufgegangen, alle Macht-
gebilde der alten Gesellschaft sind in die Luft gesprengt – sie ruhen
allesamt auf der Lüge: es wird Kriege geben, wie es noch keine auf
Erden gegeben hat. Erst von mir an giebt es auf Erden große Pol it i k.
– (EH Schicksal 1, KSA 6, S. 365 f.)
in M. Birk und T. Eicher (Hgg.), Stefan Zweig und das Dämonische, Würzburg 2008, S.
45-54, hier S. 51.
12 Vgl. B. Taureck, Nietzsche und der Faschismus. Ein Politikum, Leipzig, 2. Aul.
2000.
13 S. Zweig, Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers (1941), Frankfurt
Stefan Zweigs Relexionen über das Künstlertum, in M. Birk und T. Eicher (Hgg.), Stefan
Zweig und das Dämonische, zit., S. 12-35.
18 Ebd., S. 15.
19 S. Zweig, Der Kampf mit dem Dämon, zit., S. 11 f.
198 Herwig Gottwald
in M. Birk und T. Eicher (Hgg.), Stefan Zweig und das Dämonische, zit., S. 36-44, hier S.
36.
27 Vgl. P. Burke, Offene Geschichte. Die Schule der Annales (1990), Frankfurt a. M.
1998.
Genie und Dämon 199
bezieht sich auf die langsame Etablierung eines mechanistischen Weltbildes durch die
Aufklärung, auf die damit verbundene Nivellierung kultureller Erlebnispotentiale in
Bezug auf Raum-, Zeit- und Kausalitätsempindungen sowie die Aulösung traditiona-
ler gesellschaftlicher Differenzierungsmechanismen, die in symbolischen Ordnungen
ausgedrückt sind: von den Kleider- über die Raumordnungen bis zu den Geschlechter-
ordnungen und Rollenixierungen, die allesamt in der Moderne ihres konventionellen
Bedeutsamkeitsproils verlustig gehen.
30 S. Zweig, Der Kampf mit dem Dämon, zit., S. 24.
31 Ebd., S. 24 f. Vgl. dazu K. Müller, Das Dämonische «innen im Kreise der Natur»,
zit., S. 20 f.
200 Herwig Gottwald
Es hatte damals schon die Zeit begonnen, wo man von Genies des
Fußballrasens oder des Boxrings zu sprechen anhub, aber auf mindes-
tens zehn geniale Entdecker, Tenöre oder Schriftsteller entiel in den
Zeitungsberichten noch nicht mehr als höchstens ein genialer Centre-
half oder großer Taktiker des Tennissports35.
32 G. Benn, Das Genieproblem (1930), in ders., Essays und Reden, zit., S. 131-143,
hier S. 135.
33 Ebd., S. 143.
34 Karl Müller sieht zu Recht, dass Benns medizinisch-biologistischer Zugang zur
Frage des Genies Zweigs Deutung grundsätzlich fremd sei. Vgl. K. Müller, Das Dämoni-
sche «innen im Kreise der Natur», zit., S. 29 f.
35 R. Musil, Der Mann ohne Eigenschaften. Erstes Buch (1930), Salzburg/Wien 2016,
S. 66.
36 Vgl. K. Müller, Das Dämonische «innen im Kreise der Natur», zit., S. 24; R. Gör-
Immanuel Kant lebt mit der Erkenntnis wie mit einem ehelich an-
getrauten Weibe, beschläft sie vierzig Jahre lang im gleichen geistigen
Bette und zeugt mit ihr ein ganzes deutsches Geschlecht philosophi-
scher Systeme, von denen Nachkommen noch heute in unserer bür-
gerlichen Welt wohnen. […] Was sie zur Philosophie treibt, ist ein
durchaus undämonischer höherer Ordnungswille, ein guter deutscher,
fachlicher und sachlicher Wille zur Disziplinierung des Geistes […]49.
48 Ebd., S. 79.
49 Ebd., S. 260.
50 Ebd., S. 275.
51 Ebd., S. 307. Zweig zitiert unvollständig und leicht verändert, möglicherweise aus
55 Weitere Quellen Zweigs sind der Briefwechsel mit Wagner (in der Auswahl von
Elisabeth Förster-Nietzsche) sowie die Studien von Heinrich Römer (1921), Ernst Ber-
tram (1918) und Charles Andler (ab 1920, sechs Bände bis 1931). Vgl. dazu K. Müller,
Das Dämonische «innen im Kreise der Natur», zit., S. 23.
56 S. Zweig, Der Kampf mit dem Dämon, zit., S. 282, 284.
57 Ebd., S. 318 f.
58 Ebd., S. 319.
59 Ebd., S. 320.
60 Ebd., S. 323.
Genie und Dämon 205
says. Meine Zeit 1945-1955, hg. von H. Kurzke und S. Stachorski, Frankfurt a. M. 1997,
S. 56-92, hier S. 92.
64 Ebd., S. 88 f.
65 Ebd., S. 73, 81.
206 Herwig Gottwald
von Leben und Werk Nietzsches mit Hilfe der verbliebenen Res-
te des zerfallenen Genie-Paradigmas66.
Originell und von der späteren biographischen Forschung
durchaus bestätigt sind etwa Zweigs Beobachtungen zu Nietz-
sches Befreiung aus den Zwängen seiner Gelehrtenexistenz als
Professor in Basel, ein als «Verjugendlichung»67 beschriebener
Prozess: «Nietzsche beginnt damit, alt zu sein»68. Während die
früheren Freunde «alle festgenagelt sitzen in ihrer Wissenschaft,
ihrer Meinung, ihrem System», hätten Sprache, Gedanken und
Wesen des 40-jährigen Nietzsche «mehr rote Blutkörperchen,
mehr frische Farbe, Verwegenheit, Leidenschaft und Musik als
mit siebzehn»69. Zutreffend sind auch Zweigs Beschreibungen
der grundlegenden Musikalität der Sprache eines Philosophen,
der vor allem als Dichter gewirkt hat:
66 Vgl. dazu J. Schmidt, Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Litera-
che, polemische und unhaltbare Weise Kritik an Kant wie 1925 Stefan Zweig, unter afir-
mativer Berufung auf Nietzsche: U. Daniel, Kompendium Kulturwissenschaft. Theorien,
Praxis, Schlüsselwörter, Frankfurt a. M. 2002, S. 39 ff.
73 K. Popper, Logik der Forschung (1934), Vorwort zur 3. deutschen Aulage 1968,
Tübingen 1982, S. XXV. Popper bezieht sich auf den deutschen Idealismus, besonders
auf «Hegel und die Folgen» (Titel des 2. Bandes seiner Offenen Gesellschaft), also auf
Marx und dessen Fortsetzer, sowie auf Husserl und den Existentialismus.
74 R. Carnap, Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache (1932),
76 Vgl. G. Benn, Nietzsche nach 50 Jahren, zit., S. 495: «Eigentlich hat alles, was mei-
ne Generation diskutierte, innerlich sich auseinanderdachte, man kann sagen: erlitt, man
kann auch sagen: breittrat – alles das hatte sich bereits bei Nietzsche ausgesprochen und
erschöpft, deinitive Formulierung gefunden, alles weitere war Exegese».
77 L. Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus (1919), Frankfurt a. M. 1989, S. 85.
78 W. Stegmüller, Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie, Bd. I, Stuttgart, 6.
und P. Angelova (Hgg.), Hermann Broch und Elias Canetti. Beziehungen und Vergleiche,
St. Ingbert 2009, S. 141-163.
Genie und Dämon 209
der «Entzauberung der Welt»80. Dieser Vortrag ist auch als War-
nung vor dem zunehmenden Irrationalismus zu verstehen, der
sich angesichts der offenkundigen Grenzen von Wissenschaft,
Rationalität und Aufklärung gerade nach dem Krieg auszubrei-
ten und Gesellschaft und Politik allmählich zu erfassen begann.
Stefan Zweig – wie auch Thomas Mann vor 1933 – sucht auf
in vielem vergleichbare Weise vor diesem Hintergrund Zulucht
bei Nietzsche. Zweig strebt dabei weniger eine philosophische
Auseinandersetzung an als eine Auswertung des außergewöhn-
lichen Lebenslaufes eines Philosophen außerhalb der akade-
mischen Welt, der organisierten Wissenschaft, für seine eigene
Konzeption bedeutsamer Momente der Geschichte und der
Kunst. Die politischen und geistesgeschichtlichen Grenzen die-
ses Vorhabens scheinen ihm im Laufe der folgenden Jahre aller-
dings zunehmend deutlicher geworden zu sein.
80 M. Weber, Vom inneren Beruf zur Wissenschaft (1919), in ders., Soziologie. Uni-
versalgeschichtliche Analysen. Politik, Stuttgart 1973, S. 311-339, hier S. 316 ff.
Leopold Zieglers Zarathustra-
Glossen: Robert Walsers
Mikrogramme und Friedrich
Nietzsche
Überlegungen zu einer philosophisch-
ästhetisch fundierten Poetologie
Bastian Strinz
Jahre 1888 neben Prosastücken Walsers abgedruckt. Vgl. «Neue Rundschau», 24 (1913),
S. 1367-1390, zusammen mit Robert Walsers Fabelhaft (S. 1405 f.) und Aschinger (S.
1535 f.).
12 Vgl. C. Benne, „Schrieb je ein Schriftsteller so aufs Geratewohl?“: der surrealistische
thustra“, Würzburg, 2. Aul. 2011, S. 196: «Der betrunkene Esel parodiert jedoch außer
der Verkündigung des Übermenschen und der Ewigen Wiederkunft auch noch die Vor-
stellung eines dionysischen Schaffens und eines Glücks in der Ekstase».
Leopold Zieglers Zarathustra-Glossen 215
23 Vgl. dazu C. Zittel, Ästhetisch fundierte Ethiken und Nietzsches Philosophie, zit.,
S. 111: «Die lexible Einheit der Kunstwerke kann als Erkenntnismodell für die Lebens-
vollzüge fungieren, nicht aber als ethisches Modell. Der chaotische Untergrund wird qua
Kunst erkannt, akzeptiert und dargestellt, nicht aber beherrscht».
24 R. Walser, Eine Art Erzählung (Unveröffentlichtes Manuskript 1928), in J. Gre-
hat und in einem Inselhaus sein könnte, bedeckt Licht (Textanfang), in ders., Aus dem
Bleistiftgebiet. Mikrogramme aus den Jahren 1924-1933, 6 Bde, neu entziffert und hg. von
Leopold Zieglers Zarathustra-Glossen 217
B. Echte und W. Morlang, Frankfurt a. M. 2003, Bd. 4, S. 24 (im Folgenden mit AdB
abgekürzt).
26 R. Walser, Den Boden meines Zimmerchens… (Textanfang), in AdB IV, S. 25.
27 R. Walser, Prosper Mérimée, der Verfasser der „Carmen“, und dieser schlichte, ehr-
liche deutsche Rechtsanwalt Rodmann, was für Kontraste! (Textanfang), in AdB I, S. 111-
115, hier S. 112.
28 Ebd., S. 113.
29 L. Ziegler, Zarathustra-Glossen II, zit., S. 779.
30 Ebd.
218 Bastian Strinz
ge, dass «Jedes erkannte, mit den Formen des Erkennens ver-
schmolzene Ich […] dann ein anderes, noch unerkanntes Ich
voraus[setzt], da das erkannte Ich nie mit dem wirkenden, im
Akte des Erkennens tätigen Ich zusammenfallen kann»31. Ver-
folgt man diese Ausführung Zieglers zurück in die Schriften
Nietzsches, so stößt man neben der oben genannten Zarathustra-
Stelle auf den von diesem sogenannten «Regenten» (NF 40[21],
KSA 11, S. 638) des menschlichen Erkenntnis-Apparates, der
aber nur glaubt zu wissen und glaubt kontrollieren zu können,
was in seinem Reich vor sich geht. In dieser Lesart fungiert das
«Ich» Walsers nach Christian Walt «als [ein] perzeptives Pris-
ma oder Vermittler der mannigfaltigen Materialien, die im Text
,verarbeitet‘ werden. Die funktionale Verwendung des ,Ich‘
vermittelt im Modus der ,Kombination‘ das Unvermittelte des
eingesetzten Materials»32. Denn erst durch die Tatsache, dass
der Regent im Sinne Nietzsches zu wissen und kontrollieren zu
glauben scheint, wird er für die Poetologie Walsers, der um die
Nicht-Kontrolle des Regenten weiß, produktiv.
4. Der Räuber
grammblättern zur Aufbewahrung übergeben. Sie wurden erst Mitte der sechziger Jahre
von «Jochen Greven entdeckt, in der Folge unter Mitarbeit von Martin Jürgens transkri-
biert und 1972 im Rahmen der ersten Walser-Gesamtausgabe veröffentlicht». Dabei hat
Walser die 35 Abschnitte, die der Erzähler des Räuber-Texts an einer Stelle «Kapitel» (R.
Walser, Räuber-Roman, in AdB III, S. 50) an anderer «Abschnitt» (R. Walser, Räuber-Ro-
man, in AdB III, S. 67) nennt, auf 25 einzelnen Mikrogrammblättern niedergeschrieben,
Leopold Zieglers Zarathustra-Glossen 219
Und nun verfolgte man ihn. Verfolgte man ihn wegen der Flüchtig-
keit seiner Heiratsanträge? […] Verdiente er, daß man ihn verfolgte?
Wußte er das überhaupt? Ja er wußte, ahnte, spürte es. Dieses Wissen
verlor sich und kehrte wieder zu ihm zurück, es zerbrach, um sich wie-
der hübsch zusammenzufügen36.
auf denen in manchen Fällen auch Teile der ebenfalls im Jahr 1925 verfassten Felix-Sze-
nen notiert waren. Aufgrund der kurzen Entstehungszeit von etwa 6 Wochen plädiert
Greven für die Annahme, dass jeder der 35 Abschnitte je als einzelnes Tagwerk entstan-
den sein könnte (vgl. Editorische Vorbemerkung, in AdB III). Zusammengesetzt ergeben
sie dann einen Text, der aus mehr oder weniger stark korrespondierenden Abschnitten
und Inhalten besteht, ohne jedoch eine Chronologie der Erzählung zu gewährleisten.
34 R. Walser, Räuber-Roman, in AdB III, S. 149.
35 P. Villwock, Räuber Walser. Beschreibung eines Grundmodells, Würzburg 1993,
S. 117.
36 R. Walser, Räuber-Roman, in AdB III, S. 44.
37 Ebd., S. 12.
220 Bastian Strinz
38 Ebd., S. 21.
39 Ebd., S. 30.
40 Ebd., S. 50.
41 R. Walser, Der Spaziergang, Frauenfeld/Leipzig 1917.
42 R. Walser, Räuber-Roman, in AdB III, S. 50.
43 Ebd., S. 67.
44 Vgl. C. Zittel, „Dem unheimlichen Bilde des Mährchens gleich“. Überlegungen zu
einer poetologischen Schlüsselstelle in Nietzsches Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste
der Musik, in «Orbis Litterarum», 69/1 (2014), S. 57-78, S. 69: «Auch wendet der in
Leopold Zieglers Zarathustra-Glossen 221
Nietzsches Also sprach Zarathustra Erzähler Kunstgriffe an, die den Techniken Ander-
sens frappierend ähneln, etwa wenn (wie dort) Erzählerkommentare die Handlung un-
terbrechen, um die eigene Darbietungsweise zu thematisieren, die Gattung hinterfragen,
die Geschichte als wahre Historie ausgeben und mittendrin als beendet erklären. So wird
in Also sprach Zarathustra der Leser bereits am Ende des fünften Abschnittes der Vorre-
de von einem Erzählerkommentar irritiert: ,Und hier endet die erste Rede Zarathustra’s,
welche man auch die Vorrede heisst.‘ (N., 1980, 4: 20). Die Vorrede ist jedoch nicht zu
Ende, wir beinden uns genau in ihrer Mitte, und es beginnt ein Verwirrspiel, in dem die
Reden des Protagonisten und die Kapitelüberschrift von Nietzsches Buch ineinander
verschwimmen».
222 Bastian Strinz
liche deutsche Rechtsanwalt Rodmann, was für Kontraste! (Textanfang), in AdB I, S. 113.
46 L. Ziegler, Zarathustra-Glossen II, zit., S. 784.
47 M. Brod, Kleine Prosa, in «Neue Rundschau», 24 (1913), S. 1043-1046.
48 R. Walser, Räuber-Roman, in AdB III, S. 37.
Leopold Zieglers Zarathustra-Glossen 223
5. Desiderat
Chiara Conterno
Nel saggio Die Dichtung in freien Rhythmen und der Gott der
Dichter (La poesia in ritmi liberi e il dio dei poeti), uscito nel
1943 in Gedanken über Gedichte («Pensieri su poesie»), Max
Kommerell si concentra sulla poesia in ritmi liberi della tradi-
zione tedesca e traccia una sorta di storia del genere «inno».
Differendo dalle lingue antiche per la gradazione nelle intensità
del suono e l’accento sulla sillaba radicale, la lingua tedesca, se-
condo Kommerell, «poteva ottenere un analogo effetto dei me-
tri antichi solo attraverso il ritmo, cioè una disposizione degli
accenti naturali»1. Nelle opere con i ritmi liberi, che avrebbero
una grande forza attrattiva, accresciuta dalle tematiche, nonché
dall’ampiezza degli spiriti che vi ricorsero, il poeta rivelerebbe il
proprio rapporto con il divino2, determinato «per proprio conto
dalle fondamenta»3. Kommerell ritiene che non si possa preten-
dere che il «dio dei poeti» si mostri solo in questo tipo di poesia,
sin dall’inizio percepita come sciolta, ditirambica, come la forza
dell’entusiasmo, e neanche che questa non abbia mai avuto un
altro tema, ma pone la questione che sussista un’inclinazione di
tale forma per tale tema4. Il primo a introdurla, anche se non in
forma perfetta, sarebbe stato Klopstock; il secondo a praticare
1 M. Kommerell, La poesia in ritmi liberi e il dio dei poeti, in M. Kommerell, Il
poeta e l’indicibile. Saggi di letteratura tedesca, a cura di G. Agamben, trad. it. di Gino
Giometti, Genova 1991, p. 71. Edizione originale: M. Kommerell, Die Dichtung in freien
Rhythmen und der Gott der Dichter, in M. Kommerell, Gedanken über Gedichte, Mün-
chen 1943, pp. 430-503.
2 Ibid.
3 Ivi, p. 72.
4 Ibid.
226 Chiara Conterno
5 Ivi, p. 73.
6 Nel linguaggio gestuale e nelle sue potenzialità Giorgio Agamben vede un perno
del pensiero di Max Kommerell. Cfr. G. Agamben, Kommerell, o del gesto, in M. Kom-
merell, Il poeta e l’indicibile, cit., pp. VII-XV.
7 G. Pickerodt, Kommerells Philosophie des Verses, in W. Busch, G. Pickerodt (a
cura di), Max Kommerell. Leben – Werk –Aktualität, Göttingen 2003, pp. 194-206, qui
p. 205.
8 Per un quadro generale delle igure simbolo di crisi nell’opera di Max Komme-
però, Nietzsche trova gli strumenti adatti per esprimere tale crisi
e, con il loro ausilio, l’affronta e la supera. In questo senso, con i
Ditirambi di Dioniso la tradizione dell’inno raggiunge l’apice del
suo percorso.
1. I Ditirambi di Dioniso
nysos-Dithyramben, Nietzsche contra Wagner, Vol. 5/1, Berlin 2013, pp. 648-653.
228 Chiara Conterno
nel senso greco del termine, è un pathos che subisce, che soffre
e che, pertanto, necessita di un linguaggio in grado di rendere
tale sofferto sentire. Dall’altro lato, è un pathos che si impone e
si afferma, il «pathos dell’affermazione par excellence» (EH Zara-
thustra 1, KSA 6, p. 336; Vol. VI, Tomo III, p. 345)11. Da tale
apparente contraddizione deriva l’estenuante ricerca che porta
Nietzsche all’uso di questi versi, caratterizzati da intensiicazioni
formali ed espressioni iperboliche, che testimoniano lo «stato di
emergenza della nominazione»12 e vengono anticipati dall’auto-
interpretazione nietzscheana di Ecce homo: «Io sono l’inventore
del ditirambo» (EH Zarathustra 7, KSA 6, p. 345; Vol. VI, Tomo
III, p. 355)13.
Ricorrendo a questa forma Nietzsche si inserisce consape-
volmente nella tradizione dell’inno, che solitamente esprime
l’entusiasmo per l’apparizione del divino nel mondo e la capa-
cità geniale del singolo di percepirla14. Ma mentre vi si riferisce,
ritmo libero, capace di destare tutte le capacità espressive umane. Walter Busch, appog-
giandosi a S. Kofman, lo deinisce la metafora apollinea per la musica dionisiaca. Cfr. W.
Busch, I linguaggi dell’inconscio collettivo, cit., pp. 193 s.
14 Sulla tradizione canonica dell’inno si veda N. Gabriel, Studien zur Geschichte der
Gabriel, Studien zur Geschichte der deutschen Hymne, cit., pp. 200-211. In riferimento a
questo processo di dissoluzione nel ditirambo Soltanto giullare! Soltanto poeta! Meuthen
usa il termine «Zerleischung», «sbranamento» dell’io (espresso nella poesia). Cfr. E.
Meuthen, Vom Zerreißen der Larve und des Herzens, cit., p. 167.
18 N. Gabriel, Studien zur Geschichte der deutschen Hymne, cit., p. 209.
230 Chiara Conterno
Io guardo in alto –
là risuonano mari di luce:
– o notte, o silenzio, o strepito muto come la morte! …
Io vedo un segno –,
dalle lontananze più lontane
sfavillante cala lenta verso di me una costellazione …
4.
Astri supremi dell’essere!
Tavola di eterne igure,
tu vieni a me? –
(DD, KSA 6, p. 404; Vol. VI, Tomo IV, p. 59)
19 Ibid.
20 «ein müdes Räthsel» (DD, KSA 6, p. 392; Vol. VI, Tomo IV, p. 37). Sulla presenza
di interrogativi ed enigmi in questa poesia si veda R. Schottky, Nietzsches Dithyrambus
„Zwischen Raubvögeln“, in «Nietzsche-Studien», 22 (1993), pp. 1-27, qui p. 10. Schottky
sottolinea come l’incombente distruzione sia in realtà un processo autodistruttivo, e
come il processo del conoscere sia in realtà un’attività distruttiva, perché conoscere si-
gniica disilludere. In riferimento allo stile Schottky parla di «volontà di stile» che mira
ad una estrema forza espressiva, ad una sopraffazione del lettore e dell’ascoltatore, per
trascinarlo con tutti i mezzi possibili nell’interiorità e nel dolore.
21 Cfr. Lamento di Arianna e Soltanto giullare! Soltanto poeta!
232 Chiara Conterno
rathustra, che, in linea con Dioniso, dio della danza per i Greci,
viene rappresentato come danzante. Nei Ditirambi di Dioniso,
quindi, il soggetto poetico, presentato in divenire e sciolto dai
contesti abituali, si nomina a centro del discorso innico che egli
stesso pone e in cui poi, però, si dissolve22.
Questa rivoluzione interessa anche le forme espressive dell’in-
no. Come accennato sopra, lo stile dei Ditirambi porta alla luce
la preferenza di Nietzsche per un linguaggio in rilievo, talvolta
estremamente elevato, aspetto reso dalle igure retoriche: ripeti-
zioni, ampliicazioni, climax, variazioni, allitterazioni, anacoluti,
ellissi, effetti eco, pause piene di pathos, ampliicazioni, anadi-
plosi, igure etimologiche, catacresi, assonanze, associazioni, pa-
radossi e ossimori. Si può parlare di una «iper-retoricità»23 che,
però, non è ine a se stessa, ma mira a rappresentare e parodiare,
mascherare e smascherare. L’effetto è, di nuovo, quello di un
gioco di ruoli teatrali. Si pensi all’impostazione dialogica di Sol-
tanto giullare! Soltanto poeta!, o all’autocommento in Gloria ed
eternità, che comporta il ricorso agli elementi dell’inno, e la presa
di distanza da essi:
Silenzio! –
Di grandi cose – grande è ciò che io vedo! –
tacere bisogna
o parlar con grandezza!
parla con grandezza, mia estatica sapienza!
(DD, KSA 6, p. 404; Vol. VI, Tomo IV, p. 59)
2. «Geste» e «Gebärde»
28 Ivi, p. 37.
29 I. Schiffermüller, Gebärde, Gestikulation und Mimus, cit., p. 102.
30 «ein erstes Sprächen», cfr. M. Kommerell, Vom Wesen des lyrischen Gedichts, cit.,
p. 38.
31 Cfr. G. Pickerodt, „Gebärdensprache, Sprachgebärde, musikalische Gebärde in der
Oper Elektra (Strauss-Hofmannsthal)“, in I. Schiffermüller (a cura di), Geste und Gebär-
de. Beiträge zu Text und Kultur der Klassischen Moderne, Bozen 2001, pp. 135-157, qui
p. 137. Sul signiicato del gesto per Kommerell si veda inoltre W. Busch, Zum Konzept
der Sprachgebärde im Werk Max Kommerells, in I. Schiffermüller (a cura di), Geste und
Gebärde, cit., pp. 103-134. Sul concetto di «Sprachgebärde», soprattutto in relazione
al sé, rilette anche U. Port in Die »Sprachgebärde« und der »Umgang mit sich selbst«.
Literatur als Lebenskunst bei Max Kommerell, in W. Busch, G. Pickerodt (a cura di), Max
Kommerell, cit., pp. 74-97.
32 I. Schiffermüller, Gebärde, Gestikulation und Mimus, cit., p. 102.
Nietzsche e la tradizione dell’inno 235
36 Ibid.
37 Sulla parodia cfr. I. Schiffermüller, Die Lieder des alten Zauberers. Zu Nietzsches
Selbstparodie im Zarathustra, in G. Pelloni, I. Schiffermüller (a cura di), Pathos, Parodie,
Kryptomnesie. Gedächtnis der Literatur in Nietzsches Also sprach Zarathustra, Heidelberg
2015, pp. 67-96, qui p. 69.
38 M. Kommerell, La poesia in ritmi liberi e il dio dei poeti, cit., p. 101.
39 Cfr. I. Schiffermüller, Gebärde, Gestikulation und Mimus, cit., p. 113.
40 M. Kommerell, La poesia in ritmi liberi e il dio dei poeti, cit., p. 101.
41 Su questo aspetto si veda anche E. Schilling, Literatur und Philosophie in Nietzsches
inoltre: «I ditirambi sono percorsi verso l’anima, ma non sono, come è stato osservato,
vie tracciate con violenza. In questi giochi linguistici pressoché alchemici, la parodia, la
maschera, il riso e la serenità alcionica giocano un ruolo essenziale. Alla negatività non si
nega l’accesso nella struttura formale, tuttavia il gesto complessivo è quello dell’afferma-
zione integrale. I canti e i ditirambi non rappresentano l’autore, non sono manifestazione
del suo essere, bensì tracce di una ricerca del sé» (p. 209).
Nietzsche e la tradizione dell’inno 239
Herzens, cit., pp. 180-185. Scopo di questo testo è, secondo Meuthen, provocare nel
lettore uno «strappo», una «lacerazione». Soggetto e oggetto sono interscambiabili. La
morte strappa la vita e viceversa. Per questi motivi non sono più possibili canti melodici,
bensì fragore e urla.
51 M. Kommerell, La poesia in ritmi liberi e il dio dei poeti, cit., p. 104.
240 Chiara Conterno
sione. Cfr. I. Schiffermüller, Die Lieder des alten Zauberers, cit., p. 79. W. Busch parla di
«impulsi distruttivi e autodistruttivi, un’orgia del dire-io» e della rappresentazione ovve-
ro messa in scena di «una disperazione divina». Cfr. W. Busch, I linguaggi dell’inconscio
collettivo, cit., p. 209. Michael Skowron, invece, si concentra sulla struttura compositiva e
narrativa dei ditirambi e sostiene che non possano essere intrepretati indipendentemente
dal ciclo di cui fanno parte. M. Skowron, Dionysische Perspektiven. Eine philosophische
Interpretation der Dionysos-Dithyramben, in «Nietzsche-Studien», 36 (2007), pp. 296-
315. Skowron critica l’approccio di Philip Grundlehner che interpreta i singoli ditirambi
indipendentemente dal contesto ciclico complessivo. Cfr. P. Grundlehner, The Poetry of
Friedrich Nietzsche, New York 1986, pp. 184-299.
56 M. Kommerell, La poesia in ritmi liberi e il dio dei poeti, cit., p. 105.
57 Ibid.
58 I. Schiffermuller, Gebärde, Gestikulation und Mimus, cit., p. 115.
242 Chiara Conterno
In luogo dei destini che capitano, ormai solo pensieri che si fanno
destini e suscitano come correlato un’esistenza multipla; e inine una
volontà che, mascherata da autointerpretazione, impone un esser-così
e produce per via di ciò un’autodifferenziazione come sentimento della
vita, il cui dolore è la profonda contraddizione fra natura e autointer-
pretazione59.
1. Einleitung
lins sous le ciel de Turin, Paris 1999; L. Mondo, Pavese lettore di Nietzsche, in M. Cam-
panello (Hg.), Cesare Pavese, Atti del convegno internazionale di studi (Santo Stefano
Belbo, 24-27 ottobre 2001), Firenze 2005, S. 13-18; F. Belviso, “Amor Fati”. Pavese
all’ombra di Nietzsche. La volontà di potenza nella traduzione di Cesare Pavese, Torino
2015.
2 G. Bomprezzi, Pavese lettore di Nietzsche, in «Thot. Quaderni della Biblioteca
Düsseldorf 1988), Einleitung von C. Cases, Torino (1. Aul. 1952) 2000, S. XXIII. Die
Verfasserin hat sowohl den Originaltext als auch die deutsche Übersetzung verwendet,
wenn sie vorhanden ist. Im Fall der Werke Il mestiere di vivere (Das Handwerk des Le-
bens) und Dialoghi con Leucò (Gespräche mit Leuko) hat sich die Verfasserin jedoch
entschieden, die Stellen selbst zu übertragen, um den Sinn des italienischen Textes am
nächsten zu bleiben.
5 C. Pavese, Le poesie, Torino 1998, S. 99, 108 ff.
Mythos und Poetik 245
rienza letteraria e umana di Cesare Pavese, Modena 1990; G. Carteri, Al conino del mito
(Cesare Pavese e la Calabria), Soveria Mannelli 1991; E. Catalano, Cesare Pavese tra poli-
tica e ideologia, Bari 1976.
Mythos und Poetik 247
2. Die zweite Phase liegt in den Jahren 1942/43, als sich Pa-
vese, der gerade Lektor und Übersetzer bei Einaudi geworden
ist, der Übersetzung von Nietzsches Der Wille zur Macht und
Burckhardts Weltgeschichtlichen Betrachtungen widmet und sein
Konzept von Mythos entfaltet. Pavese übersetzt 1944/45 Teile
von Nietzsches Der Wille zur Macht (187 Seiten) und die Welt-
geschichtlichen Betrachtungen Burckhardts (97 Seiten). In die-
ser Phase spielt auch die zweite Unzeitgemäße Betrachtung für
ihn eine wichtige Rolle, da Pavese in ihr die Einsicht formuliert
indet, dass es notwendig sei, zwischen den Trümmern der Ge-
schichte und des Historismus den mythischen Wert des mensch-
lichen Lebens und der geschichtlichen Ereignisse hervorzuhe-
ben, deren Protagonist der Mensch sei. Durch die Arbeit am
Mythos bleibt Pavese als Künstler dem Aktuellsten gegenüber
objektiv: Sein Interesse am Mythologischen erlaubt ihm, die Er-
eignisse von allem Zufälligen zu befreien, sie in einen mythischen
Raum und in eine mythische Zeit zu entrücken10. Der Mythos ist
bei Pavese als ein thematisches Reservoir und als eine expressi-
ve Sprache begriffen: Seine Einschätzung antiker Mythologeme
zeigt sich zum Beispiel in den Gespräche[n] mit Leuko durch
den kritischen Dialog mit den Prätexten antiker Mythologie. Die
mythologischen Figuren kommentieren und interpretieren das
eigene Schicksal, vergleichen es mit anderen Situationen, schla-
gen mögliche Lösungen vor, oder setzen eine dem Leser schon
bekannte Zukunft voraus.
3. Die dritte Phase erstreckt sich über die Jahre vor seinem
Selbstmord, d.h. zwischen 1947 und 1950, als Pavese seiner The-
orie von Mythos und Poesie in den Gespräche[n] mit Leuko eine
feste Form gibt. Hier werden vor allem die Spuren des Zarathus-
tra und der Geburt der Tragödie sichtbar.
Es ist nicht zu leugnen, dass Paveses Konzeption von Mythos
und Dichtung auch durch seine Rezeption Augusto Montis, Leo-
pardis und Manzonis und von der deutschsprachigen Romantik
geprägt wird. Auch die Lektüre Vicos, Frazers, Sam Harrisons,
werk Cesare Paveses, München 1978, S. 126 ff.; A. Pellegrini, “Mythos und Dichtung” im
Werk von Cesare Pavese, in «Castrum Peregrini», 18 (1954), S. 7-24; G. Bernabò, Dietro
il velo di «Leucò»: Pavese, Untersteiner e il mito, in «Atti Acc. Rov. Agiati», 259 (2009),
ser. VIII, Vol. IX, fasc. I, S. 269-296. Vgl. auch: «Rileggendo Frazer – nel 1933 che cosa
trovai in questo libro? Che l’uva, il grano, la mietitura, il covone erano stati drammi
e parlarne in parole era siorare sensi profondi, in cui il sangue, gli animali, il passato
eterno, l’inconscio si agitavano. La bestiola che fuggiva nel grano era lo spirito – fondevi
l’ancestrale e l’infantile, i tuoi ricordi di misteri e tremori campagnoli prendevano un sen-
so unico e senza fondo». C. Pavese, Il mestiere di vivere, zit., S. 319 («Als ich 1933 Frazer
wieder las, was fand ich in diesem Buch? Dass die Trauben, das Getreide, die Erntezeit,
die Gabe Dramen gewesen waren. Durch Worte von ihnen zu reden war es, tiefe Sinne
zu streifen, in denen sich das Blut, die Tiere, die ewige Vergangenheit, das Unbewusste
unruhig bewegten. Das Tierchen, das in den Korn loh, war der Geist – du verschmolzst
das Vererbte und das Kindliche, deine Erinnerungen an Mysterien und die ländlichen
Erregungen bekamen einen einzigen, unergründlichen Sinn». [Deutsche Übersetzung
der Verfasserin]).
Mythos und Poetik 249
mühen als Dichter in diesem Werk ist es, hinter dem Zufälligen
die bleibende Struktur des Daseins zu erkennen. Damit drückt
er auch seine persönlichste Qual durch den Mund der Titanen,
der Heroen und Nymphen aus. Sein dichterisches Streben kreist
darum, dem Irrationalen einen Wert zu geben, ohne ihm seinen
Mythos zu nehmen12.
Nietzsches Präsenz bei Pavese ist schon vor diesen drei Pha-
sen festzustellen: Bereits 1927 schreibt Pavese ein Gedicht mit
dem Titel Il Crepuscolo di Dio («Götterdämmerung»)13, des-
sen Protagonisten die guten Seelen sind, die sich im Paradies
bei Gott über die Bösen in der Hölle beschweren, die so viel
Lärm machen, dass sie den ewigen Frieden und die dauernde
Seligkeit stören. Als Reaktion auf diese Klage nimmt Gott den
Guten den Sinn für die Gerechtigkeit weg: Im gleichen Moment
taucht ein deutscher Dichter auf, der sich im Himmel wegen «la
gran copia di grazia» («wegen der großen Fülle an Anmut») be-
indet. Er behauptet, mit dem Leben im Paradies unzufrieden
zu sein, da er in dauernder Betrachtung Gottes beschäftigt sei
und kritisiert den Schöpfer als erste Ursache des Bösen. Denn
es nehme Gott dem Menschen die Willensfreiheit und versetze
ihn so in den Zustand einer Marionette. Der deutsche Dichter
widerspricht Gott auf einer moralischen Ebene, welche die Basis
der christlichen Religion untergräbt – hier besteht eine deutliche
Parallele zu Nietzsches Zur Genealogie der Moral und seiner Kri-
tik am Moralsystem. Dem Versuch Nietzsches, die Entstehung
der Moral, ihrer Werte, ihrer Bedeutung und Legitimierung zu
entlarven, verdankt Pavese auch grundlegende anthropologische
Beobachtungen über den Mensch und die Natur. Bei Nietzsche
indet Pavese die Idee, dass Moral und menschliche Natur sich
in einem synergetischen Verhältnis entwickeln und fortbestehen.
allemal geschehenen Tatsache, und er bekommt seinen Wert aus dieser absoluten Ein-
zigartigkeit, die ihn aus der Zeit hebt und als Offenbarung würdigt. Deswegen geschieht
er immer am Ursprung, wie in der Kindheit». [Deutsche Übersetzung von der Verfasse-
rin]).
20 C. Pavese, Il mestiere di vivere, zit., S. 340.
21 F. Curi, Il mito prima del mito, zit., S. 143.
252 Isabella Ferron
22 «Die leidvollste Gestalt der griechischen Bühne, der unglückselige Oedipus, ist
von Sophokles als der edle Mensch verstanden worden, der zum Irrthum und zum Elend
trotz seiner Weisheit bestimmt ist, der aber am Ende durch sein ungeheures Leiden eine
magische segensreiche Kraft um sich ausübt, die noch über sein Verscheiden hinaus
wirksam ist. Der edle Mensch sündigt nicht, will uns der tiefsinnige Dichter sagen: durch
sein Handeln mag jedes Gesetz, jede natürliche Ordnung, ja die sittliche Welt zu Grunde
gehen, eben durch dieses Handeln wird ein höherer magischer Kreis von Wirkungen
gezogen, die eine neue Welt auf den Ruinen der umgestürzten alten gründen. […] Es
giebt einen uralten, besonders persischen Volksglauben, dass ein weiser Magier nur aus
Incest geboren werden könne: was wir uns, im Hinblick auf den räthsellösenden und
seine Mutter freienden Oedipus, sofort so zu interpretiren haben, dass dort, wo durch
weissagende und magische Kräfte der Bann von Gegenwart und Zukunft, das starre Ge-
setz der Individuation, und überhaupt der eigentliche Zauber der Natur gebrochen ist,
eine ungeheure Naturwidrigkeit – wie dort der Incest – als Ursache vorausgegangen sein
muss; denn wie könnte man die Natur zum Preisgeben ihrer Geheimnisse zwingen, wenn
nicht dadurch, dass man ihr siegreich widerstrebt, d. h. durch das Unnatürliche? Diese
Erkenntniss sehe ich in jener entsetzlichen Dreiheit der Oedipusschicksale ausgeprägt:
derselbe, der das Räthsel der Natur – jener doppeltgearteten Sphinx – löst, muss auch
als Mörder des Vaters und Gatte der Mutter die heiligsten Naturordnungen zerbrechen.
Ja, der Mythus scheint uns zuraunen zu wollen, dass die Weisheit und gerade die dio-
nysische Weisheit ein naturwidriger Greuel sei, dass der, welcher durch sein Wissen die
Natur in den Abgrund der Vernichtung stürzt, auch an sich selbst die Aulösung der
Natur zu erfahren habe. »Die Spitze der Weisheit kehrt sich gegen den Weisen: Weisheit
ist ein Verbrechen an der Natur«: solche schreckliche Sätze ruft uns der Mythus zu:
der hellenische Dichter aber berührt wie ein Sonnenstrahl die erhabene und furchtbare
Memnonssäule des Mythus, so dass er plötzlich zu tönen beginnt – in sophokleischen
Melodieen!» (GT 9, KSA I, S. 65 ff.).
23 Vgl. dazu C. di Biase, “L’inconsolabile Orfeo” in Cesare Pavese, in «Esperienze
L’Euridice, che ho pianto, era una stagione della vita. Io cercavo ben
altro laggiù che il suo amore. Cercavo un passato che Euridice non sa.
L’ho capito tra i morti mentre cantavo il mio canto. […] Ho capito che
i morti non sono più nulla. […] Io cercavo, piangendo, non più lei ma
me stesso. Un destino, se vuoi, mi ascoltavo24.
habe, war nur eine Zeit des Lebens. Dort unten suchte ich viel mehr als ihre Liebe. Ich
wünschte eine Vergangenheit, die Eurydike nicht kennt. Das verstand ich unter den To-
ten, als ich meinen Gesang sang […] Ich habe verstanden, dass die Toten nichts mehr
sind […] Weinend suchte ich nicht mehr sie, sondern mich selbst. Ein Schicksal, wenn
du willst, ich hörte mir zu». [Deutsche Übersetzung von der Verfasserin]).
25 Ebd., S. 77 f.
254 Isabella Ferron
come un’onda o una foglia, accettando la sorte. […] E morire una forma
e rinascere un’altra 26.
Viviamo nel mondo delle cose, dei fatti, dei gesti che è il mondo
del tempo. Il nostro sforzo incessante e consapevole è un tendere fuori
dal tempo, all’attimo estatico che realizza la nostra libertà. Accade che
le cose, i fatti, i gesti – il passare del tempo – ci promettono di questi
attimi, li rivestono, li incarnano. Essi divengono simboli della nostra
libertà. Ognuno di noi ha una ricchezza di cose, fatti e gesti che sono
simboli della sua felicità – essi non valgono per sé, per la loro natura-
lità, ma ci invitano, ci chiamano, sono simboli. Il tempo arricchisce
meravigliosamente questo mondo di segni, in quanto crea un gioco di
prospettive che moltiplica il signiicato temporale di questi simboli 28.
die die Welt der Zeit ist. Unsere stetige und bewusste Bemühung ist ein Streben außer
der Zeit nach dem ekstatischen Moment, in dem sich unsere Freiheit verwirklicht. Es
geschieht, dass die Dinge, die Tatsachen, die Gesten – das Zeitverbringen – uns diese
Augenblicke versprechen, sie verkleiden und verkörpern. Sie werden zu Symbolen, Tat-
sachen und Gesten. Jeder von uns hat eine Fülle von Dingen, Tatsachen und Gesten, die
Symbole seiner Glückseligkeit sind – sie sind nicht in sich und für sich für ihre Natürlich-
Mythos und Poetik 257
32 Ebd., S. 165.
33 C. Pavese, Dialoghi con Leucò, zit., S. 24. («Das Lächeln ist, wie eine Welle oder
ein Blatt – das Loos akzeptierend – zu leben […] Es bedeutet, sich selbst und seine Be-
stimmung anzunehmen». [Deutsche Übersetzung von der Verfasserin]).
34 Ebd., S. 101 ff.
260 Isabella Ferron
Daraus ergibt sich ein besonderes Bild der Götter bei Pavese:
Sie besitzen die Lebensfülle, die ihnen der Mensch überlassen
hat; in ihnen vereinigen sich Freiheit und Notwendigkeit wie-
der. Das Verhältnis Mensch-Götter kann bei Pavese zweifach
interpretiert werden: 1. die Götter können als verhärtete, un-
empindliche und autonome Menschen angesehen werden, die
das Schicksal kennen und somit dem Chaos der Gefühle nicht
untergeordnet sind. In einem der Gespräche stellen Herakles
und Prometheus eine Welt ohne Götter vor, die aus der mensch-
lichen Angst geboren worden sind, von denen sich die Men-
schen aber befreit haben. 2. Die Götter haben menschliche Ei-
genschaften, während die Menschen göttliche Attribute zeigen.
Das ist aber kein oppositionelles Verhältnis, sondern sowohl
ein nachzuahmendes Modell sowie auch eine zu überwindende
Grenze. Der Mensch steht zwischen dem titanischen Chaos und
dem Göttlichen.
Elio Gioanola hat mit Recht behauptet, dass Paveses Götter
keine Götter im absoluten Sinn seien, sondern Sublimierungen
einer autonomen und sich ihres Schicksals bewussten Mensch-
heit35. Bei Pavese ist der Mensch ohne Gott und Gott ist der
Mensch ohne die Last des Schicksals, er ist weder einem Gesetz
noch dem Chaos ausgeliefert. Gott ist Mensch in höchster Po-
tenz, er hat keine Angst, er schert sich nicht um das Schicksal.
Einerseits ist Gott eine Grenze, die man zu brechen hat, ande-
rerseits ist er auch ein Vorbild. Wenn sich der Mensch von Gott
befreit hat, wird er selbst zu einem unempindlichen Gott. Wie
Theseus Lelego sagt, «quel che si uccide si diventa»36: das, was
man tötet, wird man. Nur so kann der Mensch seinen Willen zur
Macht ausüben.
Um die Kontrolle über sich selbst zu erhalten, muss der
Mensch zuerst Nietzsches Geist der Schwere besiegen. In die-
sem Zusammenhang hat das Lachen bei Pavese dieselbe Bedeu-
tung wie bei Nietzsche. Pavese geht aber ein Stück weiter und
37 Ebd., S. 151 f.
38 C. Pavese, Le poesie, zit., S. 111 («das Streben danach, einen Komplex von phan-
tastischen Werten als ein autonomes Ganzes wiederzugeben, in denen eine Wahrneh-
mung der Wirklichkeit besteht». [Deutsche Übersetzung von der Verfasserin]).
39 R. Caillois, Nel cuore del fantastico, Milano 1984, S. 28, 31.
262 Isabella Ferron
40 C. Pavese, Il mestiere di vivere, zit., S. 169. («Ich frage mich, ob es wahr ist, dass
man sie gesehen hat. Wer kann das sagen? Tja, man hat sie gesehen. Man hat von ihren
Namen erzählt und nichts mehr – hier liegt der Unterschied zwischen dem Märchen und
dem Wahren». [Deutsche Übersetzung von der Verfasserin]).
41 Ebd.; vgl. auch ders., Lettere 1924-1944, zit., Brief an Fernanda Pivano, 1942, S.
425 f.
Lo stile come forma del pensiero
Esperimenti della forma breve in Nietzsche e
Adorno
Susanna Zellini
nannten großen Philosophen verdanke – in Wahrheit vielleicht mehr noch als Hegel»,
T. W. Adorno, Probleme der Moralphilosophie, Frankfurt a. M. 1996, p. 255. Ove non
altrimenti indicato, le traduzioni sono dell’autrice del saggio.
264 Susanna Zellini
del 1961, era composta non da capitoli, come appare oggi, ma da «paragrai relativamen-
te brevi». Cfr. T. W. Adorno (1970), Teoria estetica, Torino 2009, postilla editoriale p.
495: «Il 4 maggio 1961 Adorno cominciò a dettare una prima versione di Teoria estetica
che era articolata in paragrai relativamente brevi. Il lavoro venne ben presto interrotto
[…] Adorno pose mano il 25 ottobre 1966 ad una nuova versione dell’estetica. La suddi-
visione in paragrai cedette il posto ad una suddivisione in capitoli».
4 Heinz Krüger fu uno dei primi allievi di Adorno, dopo il suo ritorno a Francoforte
nel 1949. All’epoca Krüger era un giovane poco più che trentenne, e come racconta Rolf
Tiedemann, che ha curato l’edizione critica dello studio di Krüger del 1988, era direttore
dell’uficio del personale della «Frankfurter Rundschau». Krüger non era dunque un i-
losofo di professione, tuttavia Adorno, a partire dall’inizio degli anni Cinquanta, lo seguì
in un lungo lavoro di ricerca sullo stile e sulla forma del pensiero ilosoico, che doveva
articolarsi in un’opera composta da diversi volumi, ma che si concluse prematuramente
con la morte di Krüger e con la pubblicazione (postuma) della tesi intitolata Studien über
den Aphorismus als philosophische Form (Studi sull’aforisma come forma ilosoica).
5 Il volume costituisce la tesi di dottorato di Heinz Krüger, e doveva essere il mo-
mento preliminare di un’opera più ampia. Krüger morì tuttavia poche settimane dopo
il conseguimento del dottorato, nel gennaio 1956, all’età di 39 anni, «vinto da un male
che doveva roderlo ormai da tempo e che egli volle eroicamente ignorare per portare a
termine il lavoro iniziato». Così scrive Adorno nell’introduzione alla prima edizione dello
studio di Krüger, mosso dalla «gioia del maestro nel poter presentare l’opera prima del
proprio allievo» a cui si accompagna «la tristezza di sapere che è anche l’ultima». Alla
prima edizione del 1957, pubblicata postuma con il titolo Studien über den Aphorismus
als philosophische Form dalla casa editrice Nest Verlag di Francoforte, segue nel 1988
l’edizione critica su cui si basa il presente saggio: H. Krüger, Über den Aphorismus als
philosophische Form, München 1988. L’introduzione di Adorno, che accompagnava l’e-
dizione del 1957, è stata tradotta in italiano e pubblicata in M. A. Rigoni, (a cura di), La
brevità felice, Venezia 2006, pp. 15-17, con il titolo L’aforisma come forma ilosoica.
266 Susanna Zellini
ibride» dell’aforisma: «[…] quindi esiste una parentela stretta tra saggio e aforisma, spes-
so nel contenuto delle idee e nella soggettività della rappresentazione» (p. 88).
8 Th. Mann an T. W. Adorno, Brief 09.01.1952, in Briefwechsel 1943-1955, a cura
di Ch. Gödde und Th. Sprecher, Frankfurt a. M. 2002, p. 97: «Was für eine glückliche
Form, der long aphorism oder short essay Ihrer Minima Moralia!»
9 Cfr. anche: «nel terzo saggio di questo libro ho presentato un modello di quel che
in un caso del genere intendo per ‚interpretazione‘ – a questo saggio è fatto precedere un
aforisma ed esso stesso ne rappresenta un commento» (GM Vorrede 8, KSA 5, pp. 255 s.;
Vol. VI, Tomo II, p. 221). Sulla particolare struttura di Minima Moralia cfr. E. Mengaldo,
Zitate und Bilder, zum Verhältnis von Titel und Text in Th. W. Adornos Minima Moralia,
in «Jahrbuch der deutschen Schiller-Gesellschaft», 54 (2010), pp. 458-473.
Lo stile come forma del pensiero 267
12 Ivi, p. 71: «Die Romantiker bleiben in der Sprache. Durch Formentgrenzung und
Formverschleierung streben sie nur über den fragmentarischen Charakter der empiri-
schen Sprache hinaus, um einer geoffenbarten Ursprache sich zu nähren[…].»
13 Ivi, p. 66.
14 Ibid.
15 Ivi, p. 62: «Beide zielen mit ihren ‚Fragmenten‘ in Wahrheit auf das ‚Ganze‘, denn
in der Vorstellung eines Bruchstücks ist der Gedanke an Totalität schon mitgesetzt».
(«Entrambi in verità rimandano attraverso i loro frammenti ad un ,tutto‘, poiché nella
rappresentazione di un frammento il pensiero della totalità è già implicito»).
16 Ivi, pp. 67 s.: «Im Medium des Fragments beschädigen die Romantiker gewisser-
maßen erst etwas, um es heilen zu können, während der Aphorismus […] immer als Re-
medium erscheint, zuerst gegen Krankes, Defektes, aber auch als Protest gegen obskure
Heilversuche, dann bei Nietzsche gegen die ‚Erkrankung an der gefährlichsten Form der
Romantik‘» («Nel medio del frammento i romantici danneggiano per così dire qualcosa,
per poterlo poi guarire, mentre l’aforisma […] appare sempre come rimedio, innanzi-
tutto contro il malato, il difettoso, ma anche come protesta contro gli oscuri tentativi di
guarigione, e in Nietzsche contro ‚un temporaneo ammalarsi della forma più pericolosa
di romanticismo‘»). Il riferimento è a MA II, KSA II, p. 371; Vol. IV, Tomo III, p. 5. Sul-
la confusione tra frammento e aforisma cfr. anche Nietzsche: «Contro i miopi. Credete
dunque che sia opera frammentaria, perché ve la si dà (e si deve dare) a pezzi?» (VM 128,
KSA 2, p. 432; Vol. IV, Tomo III, p. 52). Sulla differenza tra aforisma e frammento cfr.
Lo stile come forma del pensiero 269
A. Montadon, Le forme brevi, cit., p. 93. Cfr. anche D. Morea, Il respiro più lungo, Pisa
2011, pp. 40 ss.
17 Sul ruolo terapeutico dell’aforisma cfr. anche H. Krüger, Der Aphorismus als phi-
losophische Form, cit. p. 25: «Seit seinem hippokratischen Ursprung ist er [der Aphori-
smus] vielmehr darauf bedacht, das ‚Leben‘ vor Schaden zu bewahren, ‚beschädigtem
Leben‘ Remedium zu sein […]». («Dalla sua origine ippocratica esso [l’aforisma] è atto a
proteggere la ‚vita‘ dai danni, a essere rimedio alla ‚vita offesa‘»). Qui emerge in partico-
lare la vicinanza con i Minima Moralia di Adorno, il cui sottotitolo è Relexionen aus der
beschädigtem Leben (Meditazioni della vita offesa).
18 T. W. Adorno, Einführung, cit., p. 8: «Dabei nimmt er regelhaft die Form der
Ausnahme an, an der Regel und begrifliche Systematik scheitern. Die Ausnahme fun-
giert als Korrektiv». (Tr. it. in M. A. Rigoni (a cura di), La brevità felice, cit., p. 15: «Sic-
ché esso assume regolarmente la forma dell’eccezione, di fronte alla quale la regola e la
sistematica concettuale falliscono. L’eccezione funge da correttivo […]»). Cfr. anche H.
Krüger, Der Aphorismus als philosophische Form, cit., p. 13 e p. 79.
19 T. W. Adorno, Dialettica negativa, Torino 2004, p. 365.
20 Ibid.: «Ciò che retrocede diventa sempre più piccolo, come l’ha esposto Goethe
con la parabola della cassetta ne La nuova Melusina che nomina un estremo; e diviene
sempre più inappariscente; questo è il motivo critico-conoscitivo e di ilosoia della storia
del perché la metaisica si trasferisca nella micrologia. Questa è il luogo della metaisica
come rifugio da quella totale».
270 Susanna Zellini
21 J. W. von Goethe, Die neue Melusine, in Id., Goethes Werke, Hamburger Ausgabe,
14 Voll., a cura di E. Trunz, München 1978, Vol. 8, p. 41.
22 T. W. Adorno, L’attualità della ilosoia, Milano 2009, p. 58.
23 Ivi, p. 48: «Il testo che la ilosoia deve leggere è un testo incompleto, colmo di
contraddizioni e fragile: molto di tutto ciò può essere attribuito all’irrazionalità cieca del
reale».
Lo stile come forma del pensiero 271
1876/77: «Una sentenza è l’anello di una catena di pensieri: essa richiede che il lettore
ristabilisca questa catena con mezzi propri: ciò vuol dire pretendere moltissimo» (NF
20[3], KSA 8, p. 361; Vol. IV, Tomo II, p. 370). Cfr. H. Krüger, Über den Aphorismus als
philosophische Form, cit., p. 98.
272 Susanna Zellini
33 Cfr. H. Krüger, Über den Aphorismus als philosophische Form, cit., p. 98: «Indem
der Aphorismus aus dem allgemeinen perspektivischen Horizont beständig sich heraus-
setzt, kann er nicht selber ein fügsames Glied oder ‚Fragment‘ sein. Als ‚Endglied einer
langen Kette verbotener Gedanken‘, wie Nietzsche einmal sagt, nimmt er in seiner Spra-
chform den gleichen autonomen Charakter an […], dem er als Denkform widerspricht».
34 Ivi, p. 97: «Im dialektischen Prozeß des Aphorismus setzen sich beide Welten,
nämlich Sein und Werden oder Erkenntnis und Wahrheit ständig auseinander […]».
35 T. W. Adorno, Il saggio come forma, cit., pp. 20 s.
36 Come sottolineano F. Desideri e G. Matteucci, nell’introduzione alla Teoria esteti-
ca di Adorno il verbo «austragen» è uno dei lemmi più frequenti e richiede pertanto una
particolare attenzione. Cfr. T. W. Adorno, Teoria estetica, cit., Introduzione p. XXXIII.
Lo stile come forma del pensiero 275
circoscritta, incorniciata da «spazi bianchi» (Cfr. A. Montadon, Gli spazi bianchi dell’a-
forisma, in G. Cantarutti, La scrittura aforistica, Bologna 2001, p. 47), tanto da apparire
come una «piccola totalità», o come «totalità in miniatura». Cfr. C. Gentili, Aforisma,
in P. d’Angelo (a cura di), Forme letterarie della ilosoia, Roma 2012, p. 33, e anche A.
Montadon, Le forme brevi, cit., p. 105.
276 Susanna Zellini
40 Cfr. P. Zima, Essay und Essayismus, cit., pp. 152 ss. Zima descrive il concetto di
na a cura di E. Ganni, Vol. IX, Torino 2014, p. 516: «[…] immagine è ciò in cui quel che
è stato si unisce fulmineamente con l’ora in una costellazione. In altre parole: immagine è
la dialettica nell’immobilità».
43 Non è un caso che al concetto benjaminiano di «arresto» e «immobilità» («Still-
12, pp. 307 s.; Vol. VIII, Tomo I, pp. 292 s. Corsivo mio.
278 Susanna Zellini
ciclica, che come sottolinea giustamente G. Pasqualotto (in Saggi su Nietzsche, cit., pp. 54
ss.), non corrispondono affatto alla visione dell’eterno ritorno di Nietzsche. Entrambe,
se pur antitetiche, si basano sulla medesima caratteristica della successione lineare, sulla
successione di punti. Entrambe prevedono dunque un inizio e una ine (nel caso del
segmento circolare l’estremo iniziale è contiguo al suo estremo inale), ed una linea di
punti in successione. Pertanto esse appartengono, dal punto di vista di Nietzsche, alla
medesima «tradizione metaisica» che implica un principio, un ine e un centro come
criterio di misura (oltre che un soggetto che stabilisce tale criterio).
Lo stile come forma del pensiero 279
L’Essay non delinea più una struttura esterna alle sue com-
ponenti, una costruzione che trascende i suoi elementi, ma è
piuttosto la relazione immanente a tali elementi, è l’idea di una
interazione («die Idee jener Wechselwirkung»51). Della forma
tradizionale resta solo un’istanza unitaria, che viene intesa non
più come conine che racchiude una pluralità, ma come legame
intrinseco a tale pluralità, ovvero come principio di concordanza
(«Stimmigkeit»)52 tra le varie forze, come rapporto di equilibrio
tra centri di tensione.
Questa nozione di Essay risolve pertanto in maniera deini-
tiva l’eterno dualismo tra l’unità della forma e la pluralità del
pensiero: unità e pluralità coincidono ora nell’esperimento del
saggio: «È in egual misura sbagliato ipotizzare come realtà pri-
ma sia il tutto sia gli elementi […] di fronte all’uno e agli altri il
saggio si lascia piuttosto guidare dall’idea di una interazione, la
quale è tanto drasticamente intollerante al problema dei singoli
elementi quanto lo è al problema del tutto»53. Nell’esperimento
del saggismo non vi è dunque più né un tutto, né una pluralità
di elementi singoli, ma l’uno e l’altra si combinano come aspetti
del medesimo atto estetico, del medesimo percorso conoscitivo.
La possibilità di tale combinazione era già stata intuita da
Nietzsche. L’aforisma ha infatti insegnato la possibilità di una
scrittura che da un lato si emancipa dalla «‚tetragona stupidità‘
del sistema»54, senza dall’altro rinunciare ad «un ordine chia-
50 T. W. Adorno, Il saggio come forma, cit., p. 15. Corsivo mio.
51 Ibid.
52 T. W. Adorno, Teoria estetica, cit., p. 182.
53 T. W. Adorno, Il saggio come forma, cit., p. 15. Corsivo mio.
54 H. Krüger, Der Aphorismus als philosophische Form, cit., p. 88: «Vergleich man die
Zusammenhänge, dann stellt sich heraus, daß Nietzsche ‚Aphorismus‘ und ‚Aphoristisch‘
vorwiegend dort verwendet, wo er sich mit der ihn immer stärker bedrängenden Frage
280 Susanna Zellini
befaßt, wie seine Gedanken in eine übersichtliche Ordnung gebracht werden könnten,
ohne daß sie in eine ‚viereckigen Dummheit‘ eines Systems ihre Wahrheit und Wirkung
verlören». («Dal confronto risulta che Nietzsche usa ‚aforisma‘ e ‚aforistico‘proprio dove
egli si occupa della questione che più lo tormenta: come poter riportare i suoi pensieri
all’interno di un ordine perspicuo senza perderne la verità e l’effetto nella ‚tetragona
stupidità‘ del sistema»).
55 T. W. Adorno, Terminologia ilosoica, Torino 1975, p. 461.
Ästhetik der Historie
Die Nietzsche-Rezeption bei Heiner Müller am
Beispiel von Mommsens Block
Lianhua He
2 Bereits in den 50er Jahren hat Georg Lukács Nietzsche schon als «Vorläufer des
Faschismus und Imperialismus» genannt. Vgl. G. Lukács, Die Zerstörung der Vernunft,
Berlin 1954. Seine These wurde zugunsten der marxistischen Ideologie ausgespielt und
Nietzsches Schriften galten ofiziell als antisozialistische Materialien. Vgl. E. Matkowska,
Es ging nicht um Nietzsche. Hintergründe der großen Nietzsche-Debatte in der DDR der
80er Jahre, in M. Kopij, W. Kuncki (Hgg.), Nietzsche und Schopenhauer. Rezeptionsphä-
nomene der Wendezeit, Leipzig 2006, S. 169-186. Eine Ausnahme war die «Sinn und
Form»-Debatte um Nietzsche im Jahr 1987. 1986 versuchte der Philosoph Heinz Pep-
perle in seinem Text Revision des marxistischen Nietzsche-Bildes? Vom inneren Zusam-
menhang einer fragmentarischen Philosophie im 5. Heft von «Sinn und Form» das neue
Nietzsche-Bild im Westen zu diskutieren. Darauf reagierte 1987 Wolfgang Harich sehr
aggressiv mit seinem Text Revision des marxistischen Nietzsche-Bildes? und warf Pep-
perle vor, Nietzsche aufzuwerten. Er ruft gegen Nietzsche aus: «Ins Nichts mit ihm».
Seine Polemik wurde aber anschließend im 1. Heft von «Sinn und Form» 1988 von
Stephan Hermlin, Rudolf Schottlaender und Manfred Buhr kritisiert. Vgl. N. Kapfe-
rer, Das Feindbild der Marxistischen-Leninistischen Philosophie in der DDR 1945-1988,
Darmstadt 1990, S. 257-276.
3 T. Meyer, Nietzsche und die Kunst, Basel 1993, S. 375.
Ästhetik der Historie 283
sungs-Mitschriften von Sebastian und Paul Hensel 1882/86, München 1992, S. 40.
5 T. Girshausen, Über den Umgang mit Nietzsche in der »Hamletmaschine«. Anmer-
kungen zur Technik des literarischen Zitats bei Heiner Müller, in T. Girshausen (Hg.), Die
Hamletmaschine. Heiner Müllers Endspiel, Köln 1978, S. 98-103, hier S. 98.
6 T. Girshausen, Über den Umgang mit Nietzsche in der »Hamletmaschine«, zit., S.
101.
7 H. Domdey, Produktivkraft Tod. Das Drama Heiner Müllers, Köln/Weimar/Wien
1998, S. 216.
8 T. Körber, Nietzsche nach 1945. Zu Werk und Biographie Friedrich Nietzsches in
Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben weisen, wer-
de ich im Folgenden aufzeigen und interpretieren.
1993 veröffentlichte Heiner Müller Mommsens Block in Druck-
sache 1, dem ersten Heft einer Schriftreihe aus seiner Zeit als In-
tendant beim Berliner Ensemble. Dieser Text erschien auf Seite
1 bis Seite 9 und diente als Eröffnungstext für die Schriftreihe11.
Mommsens Block verfasste er im Dezember 1992, kurz nach dem
Tod von Félix Guattari, welchem dieser Text gewidmet ist12. Das
Gedicht ist schon seit seiner Veröffentlichung eines der Lieb-
lingsgegenstände von Müller-Interpretern, die es aus verschiede-
nen Perspektiven beleuchteten: Wie auch bei den Forschungen
über andere Werke von Müller sind die Analysen und Interpre-
tationen dieses Textes von den Erscheinungszeiten der Studien,
politischen Lagen sowie individuellen Ideologien der jeweiligen
Forscher abhängig. Da dieser Text in der Nach-Wende-Zeit ent-
stand, spielt die veränderte politische Lage für die Interpretation
des Textes bei den zeitgenössischen Müller-Interpretern sowie
in den Medien eine wichtige Rolle. Mommsens Block wurde so-
fort als Müllers erste literarische Reaktion auf den Untergang
der DDR und als seine Enttäuschung und Abneigung gegenüber
dem Kapitalismus der anderen Weltseite gelesen. Zehn Jahre da-
nach, als die Aktualität der Wende nicht mehr da war, begann
die Forschungswelt diesen Text als Müllers Erklärung für sein li-
terarisches Schweigen nach 1988 zu betrachten. Der Text galt als
eine «bittere, verzweifelte» Klage «über die kreative Lähmung in
der wiederhergestellten (fast) monolithischen Dominierung der
Welt durch den Kapitalismus» 13, in dessen Restauration Müller
11 Als Mitglied des Direktoriums und später als künstlerischer Leiter des Berliner
Ensembles hat Müller die Reihe Drucksache begründet und redigiert.
12 Félix Guattari (1930-1992) wurde von Heiner Müller hoch geschätzt und in sei-
nen Werken rezipiert. Nach Müllers Tod hat Alexander Kluge in seiner Trauerrede auf
Müller auf dieses Gedicht hingewiesen und vermutet, dass die chaotische Beerdigung
von Félix Guattari auf dem Père-Lachaise-Friedhof in Paris Müller sehr gut gefallen
habe. Danach hat er dieses Gedicht geschrieben, in dem eine chaotische Situation 100
Jahre nach dem Tod von Mommsen dargestellt wird.
13 J. Fiebach, Nach 1989, in H. T. Lehmann, P. Primavesi (Hgg.), Heiner Müller
Die Frage am Anfang des Textes stellt das Fehlen des vierten
Bandes der Römischen Geschichte von Mommsen als ein histo-
risches Problem dar, das die späteren Geschichtsschreiber nach
wie vor beschäftigt. Mommsen und seine Römische Geschichte
werden von den späteren Geschichtsschreibern monumentali-
siert, auf den Sockel gestellt und verehrt. Müller verweist mit
dieser Rede vom Stein-Block Mommsens auf das 1909 von Adolf
Brütt geschaffene Marmordenkmal19, welches Mommsen sit-
zend zeigt, wie er in den Händen ein großes geöffnetes Buch
hält und liest. Bis 1935 befand sich das Denkmal im Ehrenhof
der Humboldt Universität, bis es einer Umgestaltung desselben
weichen musste. An seine Stelle rückte während der DDR-Zeit
eine Marx-Büste. Nach der Wiedervereinigung wurde diese
Marx-Büste vom Foyer der Humboldt Universität entfernt und
das Mommsen-Denkmal wieder an seinen alten Standort gestellt.
Dieser Tausch der beiden Denkmäler gilt für viele Menschen
1998, S. 257.
19 Mommsen Denkmalskulptur aus Marmor wurde 1909 von dem deutschen Bild-
hauern Adolf Brütt entworfen und stand im Ehrenhof vor dem Hauptgebäude der Hum-
boldt Universität. Die Skulptur zeigt ein Sitzbild von Mommsen, der in den Händen ein
großes geöffnetes Buch hält und liest. Laut dem Forscher Stefan Rebenich musste es im
Jahr 1935 wegen Umgestaltung des Ehrenhofes weichen. Nach der Wiedervereinigung
wurde erst wieder ausgesucht und zu seinem alten Standort gestellt. Es wurde zum Sym-
bol der Wende.
288 Lianhua He
hen durch die Zeit hinaus, der Rest – die großen Teile – werden
dahingegen ignoriert und vergessen. So lassen sich die Fakten
(das Monumentale) leicht umdeuten, verschönern und «damit
der freien Erdichtung» annähern (ebd.). Es wird keinen Unter-
schied mehr zwischen «einer monumentalischen Vergangenheit
und einer mythischen Fiction» (ebd.) geben, da diese monumen-
talische Methode der Geschichteschreibung jetzt rein im Dienste
der Mächtigen steht. Die Geschichtsschreibung kann dadurch
nie vollkommen neutral sein, da das Monumentale nach letztlich
subjektiven oder ideologischen Zwecken ausgewählt und gezeigt
wird.
Müller hat den Mommsens Block als Denkmal in enger Ver-
bindung mit genau dieser Gefahr betrachtet: Seine Entfernung
und Neustellung hängt letztlich von den Zwecken der Macht-
haber ab, während das historische Problem, nach dem am An-
fang dieses Textes gefragt wird, nie richtig geklärt wird: «Gute
Gründe sind im Angebot / Überliefert in Briefen Gerüchten
Vermutungen»22. Der monumentalisierte Mommsen konnte
aber nur schweigen, denn das Denkmal (Mommsens Block) ist
zugleich auch seine «Marmorgruft»23. Auch den Standort von
Mommsens Denkmal nimmt Müller als ein anderes Beispiel für
die Instrumentalisierung der monumentalischen Geschichts-
schreibung zur Erfüllung politischer Zwecke: «vor der Univer-
sität benannt nach Humboldt / Von den Machthabern einer
Illusion»24. Dieser Satz bezieht sich auf die Umbenennung der
ehemaligen Universität Berlin, die 1949 als eine Art Reaktion
auf die Gründung der Freien Universität in Humboldt Univer-
sität umbenannt wird25. In Verbindung mit dem Schicksal von
Mommsens Denkmal betrachtet, lässt sich darin noch deutlicher
22 Ebd.
23 Ebd., S. 261.
24 Ebd.
25 K. Jarausch, M. Middell, A. Vogt, Geschichte der Universität Unter den Linden
Er kann es nicht messen und nimmt deshalb alles als gleich wichtig
und deshalb jedes Einzelne als zu wichtig. Dann giebt es für die Dinge
der Vergangenheit keine Werthverschiedenheiten und Proportionen,
die den Dingen unter einander wahrhaft gerecht würden; sondern
In Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben sieht
Nietzsche die kritische Historie als Ergänzung zu den beiden
erwähnten Weisen der Geschichtsschreibung. Er indet die kri-
tische Historie notwendig für diejenigen, die von der eigenen
Gegenwart und den eigenen Zeitgenossen loskommen möchten:
«Und nur der, dem eine gegenwärtige Noth die Brust beklemmt
und der um jeden Preis die Last von sich abwerfen will, hat ein
Bedürfniss zur kritischen, das heisst richtenden und verurthei-
29 Ebd., S. 261.
30 Ebd.
31 Ebd., S. 260.
Ästhetik der Historie 293
32 Mit der Aktualität der Schrift Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben
und der Geschichtsphilosophie in der Schrift beschäftigt sich der Sammelband »Vom
Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben«, hg. von D. Borchmeyer, Frankfurt a. M.
1996. Zum Beispiel argumentierte H.-D. Kittsteiner, dass «diese doppelte Negation» von
der «Vernichtung der Vergessenheit» sich gerade auf «das kritische Erinnern» beziehe,
dessen Prinzip Nietzsche später zur «genealogischen Methode» weiterentwickelt habe.
Mit deren Hilfe könne man den historischen Prozess aufbrechen und die Vergangenheit
beiseiteschaffen. Vgl. H.-D. Kittsteiner, Erinnern-Vergessen-Orientieren. Nietzsches Be-
griff des «umhüllenden Wahns» als geschichtsphilosophische Kategorie, in D. Borchmeyer
(Hg.), Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, zit., S. 48-75.
294 Lianhua He
38 Für Müller ist neben dem Tod von Félix Guattari die Veröffentlichung der Hen-
sel-Nachschriften von Mommsens Vorlesung über die römische Kaiserzeit ein anderer
und vielleicht noch direkter Anlass für Mommsens Block.
39 H. Müller, Mommsens Block, zit., S. 263.
40 Ebd., S. 261.
41 Ebd.
42 A. Demandt, Einleitung, zit., S. 40.
296 Lianhua He
In Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben stellt
Nietzsche auch die Geschichtsschreibung als Wissenschaft in
Frage. Er weist auf die Gefahr hin, die die historische Bildung
für das Leben bringt: «Aber selbst jedes Volk, ja jeder Mensch,
der reif werden will, braucht einen solchen umhüllenden Wahn,
eine solche schützende und umschleiernde Wolke; jetzt aber
hasst man das Reifwerden überhaupt, weil man die Historie
mehr als das Leben ehrt» (HL 7, KSA 1, S. 298). Seine Gegen-
mittel gegen diese «historische Krankheit» sind das «Unhistori-
sche» und das «Überhistorische»:
Mit dem Worte «das Unhistorische» bezeichne ich die Kunst und
Kraft vergesse n zu können und sich in einen begrenzten Hor i-
zont einzuschliessen; «überhistorisch» nenne ich die Mächte, die den
Blick von dem Werden ablenken, hin zu dem, was dem Dasein den
Charakter des Ewigen und Gleichbedeutenden giebt, zu Ku nst und
Re l i g ion (HL 10, KSA 1, S. 330).
46 Ebd., S. 262.
298 Lianhua He
47 Ebd., S. 260.
48 B. Greiner, Müllers ,Block‘. Steinernes Schreiben, zit., S.406.
Ästhetik der Historie 299
49 H. Frenz (Hg.), Nobel Lectures. Literature 1901-1967, Amsterdam 1969. Zit. nach
http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/literature/laureates/1902/press.html. Abgeru-
fen am 16.11.2016.
Gli autori e le autrici
Avvertenza 9
Juliane Vogel
Glänzendes Wandeln und reißende Bewegung.
Von Feuerbachs vatikanischem Apoll zu Nietzsches
Dionysos 13
Claus Zittel
Il dialogo come forma ilosoica in Nietzsche 25
Axel Pichler
Il «Tentativo di autocritica» di Nietzsche.
Una lettura poesiologica 69
Annamaria Lossi
«È diventato ilologia quello che era ilosoia?»
Composizione e Wirkungsgeschichte delle
Lezioni di retorica 93
Giulia Baldelli
Picchi e lucertole.
Nietzsche e la tradizione dell’epigramma in
Vocazione di poeta 119
306 Indice
Gabriella Pelloni
Zarathustras «Kunst der Gebärde».
Von Nietzsches Gebärdenbegriff zu Max Kommerells
Sprachgebärde 143
Isolde Schiffermüller
Nietzsche und Kafka.
Über Menschen, Affen und Artisten 169
Herwig Gottwald
Genie und Dämon.
Zu Stefan Zweigs Nietzsche-Rezeption 193
Bastian Strinz
Leopold Zieglers Zarathustra-Glossen: Robert Walsers
Mikrogramme und Friedrich Nietzsche.
Überlegungen zu einer philosophisch-ästhetisch
fundierten Poetologie 211
Chiara Conterno
Max Kommerell. Nietzsche e la tradizione dell’inno 225
Isabella Ferron
Mythos und Poetik bei Nietzsche und Pavese 243
Susanna Zellini
Lo stile come forma del pensiero.
Esperimenti della forma breve in Nietzsche
e Adorno 263
Lianhua He
Ästhetik der Historie.
Die Nietzsche-Rezeption bei Heiner Müller
am Beispiel von Mommsens Block 281
fondata da
Sandro Barbera, Giuliano Campioni e Franco Volpi