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Über die Grenzen des Unbekannten: Erzählungen in Text, Ton und Bild
Über die Grenzen des Unbekannten: Erzählungen in Text, Ton und Bild
Über die Grenzen des Unbekannten: Erzählungen in Text, Ton und Bild
Ebook365 pages3 hours

Über die Grenzen des Unbekannten: Erzählungen in Text, Ton und Bild

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About this ebook

Dieses technisch und inhaltlich innovative Buch kann mit Hilfe eines Smartphones (QR Code) digitalisiert, die farbenfrohen, tiefsinnigen und humorvollen Erzählungen, von denen einige durch Literaturpreise ausgezeichnet wurden, können so als professionelles Hörbuch erlebt werden. Begleitende Hinterglasmalereien ergänzen die Erzählungen, die mit kurzen Überleitungstexten zu einem ‚Patchwork-Roman' zusammenwachsen.
Die einzelnen Kapitel behandeln aktuelle Fragen nach Glaube und Wissen, Barmherzigkeit und Hilfe, Demokratie und Macht, sowie den Einfluss der Globalisierung und elektronischen Netzwerke auf Moral und Zukunft der Menschheit, auf Geburt und Entwicklung einer rein ‚elektronischen Ethik und Zielgestaltung'.
Hierbei werden die Grenzen des Glaubens (Die Rede des Allmächtigen vor der UN; Die hilflose Barmherzigkeit; Luther und das Luderob Konzil); die Grenzen einer ‚vernünftigen' Demokratie (all you can demonstrate), Eigenschaften unterschiedlicher Kulturen (Das Rot der Feuerbäume; Shen Quilin, der gute Geist von Sichuan), autonome Ethik und Moral virtueller Welten (Die Schutzengel der Pokemon Go Spieler; Das irreale Glück des Inneren Existenznetzes) in humorvoller und anregend tiefgreifender Fassung dargestellt, ebenso wie Fragen der Immigration (Der getürkte Franke oder von der Freiheit eines Frankenmenschen; Des Hauptmanns alte Kleider) oder einer tatkräftigen Hilfe und wahrheitsgetreuen Berichterstattung (Aus dem Leben einer Kirchenmaus; Der Regenschirmstock; Die wahre und die Ware Wahrheit).
Dieses Buch erweckt Freude am Lesen, Hören und Sehen, regt an zum Nachdenken über Zufall und Verantwortung, zum Verstehen menschlicher Verhaltensweisen bei Sieg und Niederlage, Glück und Pech, Kommunikation und Isolation, zur Diskussion ethischer, politischer und kirchlicher Ziel­set­zun­gen.
So wird erzählt: „Wir sind keine Götter. Aber wir tun unser Bestes, um hier und überall als Götter behandelt zu werden.“
LanguageDeutsch
PublisherLehmanns
Release dateJul 2, 2019
ISBN9783965430525
Über die Grenzen des Unbekannten: Erzählungen in Text, Ton und Bild
Author

Klaus Kayser

Dr. rer. nat. Dr. med. Dr. h.c. mult. Klaus Kayser, geb. 1940, Professor für Pathologie und Epidemiologie an der Universität Heidelberg und an der Universität Berlin, Campus Charite. Studium der Physik und Medizin an den Universitäten Göttingen und Heidelberg, Direktor des Telepathologie Konsultationszentrum der Union International contre le Cancre (UICC TPCC), zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Physik, Medizin und Pathologie.

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    Über die Grenzen des Unbekannten - Klaus Kayser

    Klaus Kayser

    Über die Grenzen des Unbekannten

    Erzählung in Text, Ton und Bild

    Für

    Benidikt, Charlotte, Christina, Johannes, Julia, Marias, Noel, Theresa

    sowie

    Claudia, Corinna, Gian, Maria-Consuelo und Martin

    Der Autor

    Klaus Kayser, Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. h.c. mult.

    Professor für Pathologie und Epidemiologie an den Universitäten Heidelberg und Berlin

    1940 in Berlin geboren, Studium der Physik und Medizin in Göttingen und Heidelberg,

    lebt seit 1970 in Heidelberg.

    Neben mehreren Fachbüchern schrieb der Autor humorvolle und kritische Bücher:

    Zeitgedanken und Spiegeldenken, Rendezvous, Baden-Baden, 2000

    Der Tod eines Körperspenders, Lehmanns Media, Berlin, 2005

    Terror im T-Team, Lehmanns Media, Berlin, 2012, Rheindorf Literaturpreis

    Restrisiko oder die heiligen Kühe der Nation, Lehmanns Media, Berlin, 2013

    Die wunderlichen Erzählungen des Jupp Kiepenlad, Lehmanns Media, Berlin, 2016

    Erlebtes Erleben, Ein Gedichtporträt, Lehmanns Media, Berlin, 2016

    link(s) zum paradies - recht(s) nah der hölle, Lehmanns Media, Berlin, 2016

    Jenseits der Unsterblichkeit, Lehmanns Media, Berlin 2017

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet abrufbar unter www.dnb.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung auf DVDs, CD-ROMs, CDs, Videos, in weiteren elektronischen Systemen sowie für Internet-Plattformen.

    © Lehmanns Media GmbH, Berlin 2019

    Helmholtzstr. 2-9

    10587 Berlin

    www.lehmanns.de

    Bild: Michael Hug ∙ Heidelberg

    Ton: Clemens Kerz ∙ Mainz

    Satz und Korrektorat: Marianne Günther ∙ Grimma Umschlag: Bernhard Bönisch

    ISBN 978-3-96543-052-5

    Hinweis für die Benutzung der QR Codes/Links

    Die Erzählungen dieses Buches sind mit QR Codes/Links ausgestattet, die mit jedem Smartphone, i-Phone etc. eingescannt/geklickt und als ‚Hörtext‘  abgespielt werden können.

    Bei der Benutzung einer ‚kabelfreien‘ Datenübertragung (LTE, G3 etc.) können in seltenen Fällen zusätzliche Kosten entstehen, zum Beispiel, wenn keine Flatrate vorhanden oder diese bereits ausgeschöpft worden ist.


    Vorwort

    Grenzen sind eine grundlegende Eigenschaft der Natur. Gleichgültig, ob ein Berg unsere Aufmerksamkeit erregt, ob das blaue Meer zum Baden einlädt, ob wir eine Ameise, einen Vogel, einen Elefanten oder Zirkusclown bewundern, ob wir unsere geistigen, finanziellen oder physischen Kräfte testen, ob wir Einsteins allgemeine Relativitätstheorie analysieren, ob wir Zeit, Raum, Gedanken, Hilfsbereitschaft, Glauben, Wissen oder Verstehen betrachten, Grenzen sind notwendig für jede Selbsterkenntnis, Existenz und Ethik. Um unser Handeln einzurichten und in unsere Umgebung zu übertragen.

    Selbst Gott, der Allmächtige, der Grenzenlose ist begrenzt. Er kann auf Erden nicht eingreifen, sonst wäre er nicht grenzenlos. Grenzenlos wäre er vergleichbar mit dem ‚Nichts‘.

    Grenzen sind Strukturen, die dirigieren, unterstützen und zugleich behindern. Sie bestimmen letztlich die Vorstellungwelten, Erfolg und Misserfolg, Glück und Unglück, Leben und Tod eines jeden von uns.

    Grenzen sind nicht unveränderlich, nichts ‚Absolutes‘. Sie können altern, zerfallen, überschritten, von innen oder von außen zerstört oder neu errichtet werden.

    Die Natur liefert tagtäglich Beispiele. Neue Erkenntnisse, sportliche Weltrekorde, Messungen des Universums, Energiebedarf, Überbevölkerung, Umweltverschmutzung, Ressourcenmangel, Artensterben, Klimawandel sind Ereignisse, die Grenzen verschieben und zu falschen Schlussfolgerungen verführen können.

    Letztendlich sind Grenzen Randbedingungen eines labilen Gleichgewichtsystems, deren Einhaltung für den Fortbestand notwendig ist, deren Überschreiten den Übergang in eine sich ‚aufschaukelnde‘ und ‚abstürzende‘ Maschinerie bewirken kann.

    Die Geschichte der Menschheit erzählt zahlreiche Beispiele. Herrschsüchtige, fürchterliche Tyrannen wie Napoleon, Caligula oder Hitler haben durch maßlose Überschätzung ihrer Kräfte in direkter Folge den eigenen Untergang herbeigeführt.

    Überschreiten der ‚Glaubensgrenzen‘ hat letztendlich den Fehlschlag der Kreuzzüge oder den Untergang des Kalifats, des Islamischen Staates bewirkt.

    Grenzenlose Barmherzigkeit und Unkenntnis von Mitleid und Hilfe haben vor wenigen Jahren den jämmerlichen und zerbrechlichen Zustand des eigenen Staates, den der Bundesrepublik Deutschland, offenbart.

    Das surrealistische Gerangel im britischen Parlament hat eindrucksvoll die Folgen einer vorausgegangenen, die Grenzen der Demokratie überschreitenden Volksabstimmung vor Augen geführt.

    Wie sind Grenzen erkennbar? Welche Grenzen sind ‚bekannt‘? Welche unbekannt? Wie können wir über ‚unbekannten Grenzen‘ berichten, wenn wir nicht einmal wissen oder gar verstehen, wie sie ‚aussehen‘?

    Diese Fragen versuchen wir in den vorliegenden zweiundzwanzig Erzählungen an humorvollen und teilweise surrealistischen sowie fiktiven Beispielen zu verdeutlichen und zu beantworten. Grenzen des Glaubens, des Wissen, Verstehens und Handelns stehen im Vordergrund, ausgeschmückt mit Visionen in die Zukunft und Auswirkungen der Globalisierung, der passiven, interaktiven und vermutlich bald autonomen Kommunikation, sowie einer eigenen, rein virtuell-elektronischen Selbsterkenntnis, Handlungsweise und ‚Computer‘-Ethik.  

    Die im Vordergrund stehenden Erzählungen sind durch kurze Überleitungen verbunden, die, zusammen betrachtet, eine in sich geschlossene ‚Geschichte‘ darstellen und im Kontext als ein ‚Patchwork-Roman‘ angesehen werden können.

    Die Erzählungen selbst können zusätzlich als ‚Hörtext‘ oder entsprechend einem ‚Hörbuch‘ mit jedem Smartphone abgerufen und angehört werden.

    Hierzu ist jede Erzählung mit einem QR Code ausgestattet, der rechts neben dem Farbbild abgebildet ist. Der QR Code kann mit jedem Smartphone aufgenommen und der zugehörige ‚Link‘ aktiviert werden. Frei zugängige Apps sind unabhängig von dem Smart-(i-)Phone-Fabrikat erhältlich und normalerweise bereits in dem Gerät installiert.

    Diese innovative und zugleich den Zugang zu den enthaltenen Erzählungen erleichternde Darstellung stellt einen ersten Versuch dar, visuellen und akustischen Kunstgenuss einheitlich zu verbinden. Hierzu sollen auch die eingefügten Hinterglasmalereien beitragen.

    Zusammen mit Dr. Michael Hug als Schöpfer der Hinterglasmalereien und Clemens Kerz als Sprecher des vertonten Textes wünsche ich viel Vergnügen, Anregungen und ‚Gedankenblitze‘.

    Heidelberg, April 2019, Klaus Kayser


    Zu der 1. Erzählung: Die Rede des Allmächtigen vor der UN

    ‚Gott sei ewig Dank, dass Ihr doch endlich einmal wiederkommt. Wie elend, elend hättet Ihr indes hier werden können!‘, so berichtet die Magd Daja am 15. Oktober 1779 in Mannheim ihrem Herrn Natan, der nach einer langen Geschäftsreise nicht mehr sein wohlerhaltenes und behütetes Heim, sondern eine verbrannte, im Krieg zerstörte Ruine vorfindet.  

    „Es war damals und ist auch heute gefährlich, von Zerstörung, Mord und Totschlag zu berichten, besonders, wenn der Glaube die Gläubigen vergiftet", erklärt eine junge Studentin ihrem Begleiter.

    „Hm, der Glaube an die gläubige Zukunft der Menschheit hat so seine Tücken."

    „Schon die Erwähnung von Tätern, die der Obrigkeit nicht genehm sind, kann eine tödliche Gefahr für Beobachter, Berichterstatter, Kriminalisten, Journalisten, auch Richter oder Geheimagenten bedeuten."

    „Ich verstehe nicht viel von Geschichte, erinnere mich aber schwach, dass auch der Autor dieses Theaterstückes in große Schwierigkeiten bei seinem Lehnherrn kam, weil er ein Wegbereiter der Aufklärung und Toleranz war. In seiner Zeitschrift Zur Geschichte und Literatur. Aus den Schätzen der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttelärgerten die Beiträge ‚Fragmente eines Unbekannten‘ seinen allmächtigen Herzog so sehr, dass dieser eine strenge Überprüfung jeglicher Texte durch seine Sittenpolizei anordnete."

    „Durch die Sittenpolizei? Waren die Herrschaft des Mannes und die Unterwürfigkeit der Frau angegriffen worden?"

    „Nicht direkt, aber indirekt. Gestritten wurde über den Glauben der ‚vernünftigen Verehrer Gottes‘. Diese Gläubigen sahen die übernatürlichen Geschehnisse während der Lebenszeit des Jesus von Nazareth, des Gottessohnes, für ungeschehen, Fake News   oder gar Teufelssagen an.

    Keine Obrigkeit kann es sich leisten, Zweifel an den Grundmauern ihrer Macht zu tolerieren, seien es die Heilige Schrift, der Koran, oder das Grundgesetz in unserer Republik.

    Jedweder Zweifel daran ist eindeutig sittenwidrig. Er zerstört Macht und Ansehen der irdisch und göttlich Mächtigen, natürlich auch Einkommen und soziales Gleichgewicht, die Chance, wiedergewählt oder unsterblich zu werden. Außerdem wird die Stellung der Benachteiligten, insbesondere der Frauen, gestärkt. Deshalb war es für den Herzog nur folgerichtig, die Sittenpolizei eingreifen zu lassen."

    Die junge Frau lehnt sich anschmiegsam an ihren Begleiter, der über das Wissen seiner Freundin nur staunt.

    ‚Wie kann eine junge Studentin im Zeitalter des Smartphones so detaillierte Kenntnisse über Geschichte, Glauben und Philosophie besitzen?

    Die Ringparabel, die auf der Erzählung Decamerone des italienischen Dichters Giovanni Boccaccio beruht, beschreibe den allmächtigen Gott aus der Sicht der gläubigen Menschen.

    Je nach ihrem absoluten Glauben würde der Glaubensstein mit unterschiedlicher Beleuchtung und aus anderer Richtung bestrahlt. Über den Widerschein der jeweiligen Farbe und ihrer Stärke würden die Gläubigen erregt streiten und sogar versuchen, sich gegenseitig zu vernichten. Denn nur das eigene Überleben könne die absolute Wahrheit des Glaubens beweisen.

    Was aber, wenn der Allmächtige nicht der Mittelpunkt des Glaubens sei? So, wie die Erde nicht der Mittelpunkt des Sonnensystems oder gar des Universums ist? Sie existiert ohne Zweifel, steht aber sicher nicht im Mittelpunkt.

    Er ist Ingenieur und vertraut mit den Dingen des Ineinandergreifens und absoluter Maßeinheiten.‘

    So denkt der junge Mann, vermittelt die Gedanken seiner Angebeteten und streichelt ihr Haar.

    Sie aber schüttelt den Kopf.

    „Was berichtet der Allmächtige, der liebe Gott, über diese Gedanken? Ist er denn nicht beleidigt, dass seine Gläubigen ihn so unterschiedlich erkennen? Kränkt es ihn nicht, dass sie nur glauben und nicht wissen, wie er eigentlich beschaffen ist?

    Hat er nicht versucht, die Menschen nach seinem Vorbild zu erschaffen? Ihnen Güte und Mitleid eingehaucht? Ihnen Ohren zum Hören der Hilfeschreie, Augen zum Erblicken von Not und Gefahr, Hände zum Helfen aus dem Elend und Füße zum Tragen der Erschöpften aus dem wütenden Meer in ein sicheres Land gegeben?"

    „Der Allmächtige kann nur reden, aber nichts tun. Sonst müsste er gegen sich selbst und seine eigenen Geschöpfe kämpfen. Er müsste sich selbst und viele von ihnen vernichten.

    Er wäre nicht mehr allmächtig. Denn die Menschen würden sehr schnell mit ihren neuartigen statistischen Methoden und Studien erkennen, wie der Allmächtige denke und was er beabsichtige. Erhebungsbögen und Umfragen würden sofort seine göttlichen Absichten in das irdische Licht der Unvollkommenheit führen. Er darf hören und schauen, aber niemals aktiv werden. Sonst ist es mit seiner Allmacht vorbei."

    So spricht der junge Liebhaber.

    Seine schöne Freundin nickt bewundernd, fragt jedoch schüchtern nach:

    „Wenn aber die Menschheit sich selbst zerstört und zugrunde richtet? Kann der Allmächtige auch dann nichts, gar nichts tun? Dann, dann wäre er ebenfalls nicht allmächtig?"

    „Liebes, da hast du recht. So ist es nun einmal mit der Allmächtigkeit. Sie ist ein Widerspruch in sich selbst. Allmächtigkeit gilt nur für den Himmel, für die Heimat des Allmächtigen."

    Der Allmächtige hört das Gespräch der beiden Liebenden. Soweit er sich erinnern kann, waren die Menschen zufrieden und glücklich, als er ihnen seinen Atem einhauchte.

    ‚Jetzt aber machen seine Geschöpfe sich Sorgen um ihre Zukunft? Wenn das der Wahrheit entspricht, dann muss er, der Allmächtige, der Herr der Christen, der allmächtige Allah, der begnadete Buddha, der jauchzende Jehova sich überlegen, wie die Dinge zu ändern seien. Das sei schließlich seine göttliche Pflicht.

    Denn nur er, der Allmächtige, sei hierzu in der Lage. Jeder andere, auch ein Politiker, ein Diktator oder eine Weltorganisation seien des Teufels, würden nur teuflische Veränderungen bewirken.‘

    Weil der Allmächtige in irdischen Angelegenheiten nur göttlich hören und schauen kann, beauftragt er seine himmlischen Botschafter, die Umstände auf der Erde und der an ihn Glaubenden genau zu analysieren und ihm zu berichten.

    Danach ruht er. Denn es ist der siebte Tag, an dem sich seine Botschafter über den Zustand der Erde und seiner Menschen erkundigen.


    Die Rede des Allmächtigen vor der UN

    Bitte den QR Code klicken oder per

    Smartphone scannen um

    den gesprochenen Text abzuspielen.

    Seine Hoheit, der Herr der Christen, der allmächtige Allah, der begnadete Buddha, der jauchzende Jehova, war zufrieden mit sich, seinem Werk, der Erschaffung der Erde und des Menschen. Erschöpft von seinen Einfällen und Taten, war er in wundersames Träumen verfallen, als ihn seine Engel unsanft dem Schlaf entreißen. Sie berichten:

    ‚Heute gehe es auf der Erde teuflisch und nicht mit rechten Dingen zu! Die Menschen seien selbstmordgefährdet und vollkommen verrückt geworden.

    So würden die, die ihm, dem Allmächtigen Allah und seinem Propheten Mohammad, unverrückbar vertrauen, sich gegenseitig abschlachten, die Köpfe abhacken.

    Die anderen, die ihn als ihresgleichen, als menschliche Hoheit und Bezwinger des Teufels ansähen, würden sich seiner Allmacht entziehen. Sie täten alles, um im Klimawandel ertrinken und in Wüsten verdorren zu dürfen.

    Die dem jauchzenden Jehova Gläubigen würden, obwohl selbst gequälte Opfer, im teuflischen Übermut ihrer Unbesiegbarkeit den Nachbarn das Land stehlen; ihnen mit strahlenden, weltvernichtenden Waffen drohen.

    Auch die unter dem Schutz des begnadeten Buddhas stehenden Menschen täten ihr Bestes zur Selbstvernichtung. Sie seien dank seiner Fürsorge so zahlreich geworden, dass sie, um zu überleben, bald ihre Brüder schlachten und verzehren müssten.

    Es sei vollkommen egal, wie er, der Schöpfer aller Dinge, von den Menschen betrachtet und geglaubt würde. Unverkennbar seien die Menschen in einen teuflischen Selbstmordwahn geraten. Um sie zu retten, müsse er, ihr Vater, eingreifen. Am besten auf der nächsten UN Vollversammlung.‘

    So zieht der Allmächtige seine wundertätige Amtskleidung an und spricht am vereinbarten Termin zu Herz und Hirn der gläubigen Staatsvertreter:

    „Geliebte Gläubige, die ich euch mit Herz und Hirn zu unser beider Freude und Wissensseligkeit erschaffen habe, sagt mir, ist das wahrhaftig wahr, was mir meine Engel und eure Propheten berichten? Habe ich euch nicht gelehrt, wie ihr ein glückliches und zukunftsweisendes Leben führen sollt? Ich frage euch: Warum wollt Ihr euch, und damit auch mich, euren sorgevollen Vater, unbedingt vernichten?"

    Und sie antworten ihm mit ihrem Hirn und Herzen:

    „Warum scheltest du uns? Wir sind doch deine Kinder und du bist unser allmächtiger Vater! Du hast uns geschaffen nach deinem Vorbild! Wir sind viele und du bist der einzige alleinige Allmächtige. Kannst du nicht voraussehen, dass sich viele Gläubige stets streiten und prügeln, ein einziger Gläubiger aber nicht?"

    Und die der Mensch gewordenen Hoheit Gläubigen sagen: „Wir glauben an dich und deine Schöpfung hier auf Erden. Du hast uns Mitleid befohlen, unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst. Wir sollen die Elenden und Kranken, die Vertriebenen und Verhungernden aufnehmen und versorgen, selbst wenn nicht nur sie und ihre Kultur, sondern auch wir dabei zugrunde gehen. Du befiehlst uns Mitleiden und verlangst von uns Helfen. Wie aber können wir helfen, wenn wir mitleiden und den Bemitleideten die Zukunft verweigern! Hast du das nicht bedacht?"

    Und die Allah Gläubigen bitten Mohammed um Einspruch und sagen: „Wir befolgen deine Befehle und versuchen alles, um dein himmlisches Paradies betreten und hier auf Erden verwirklichen zu dürfen. Im Quran 3:91 hast du uns angewiesen »Wahrlich jene, die ungläubig sind oder im Unglauben sterben,… diese sollen eine schmerzhafte Strafe und keine Helfer haben.« Alles geschieht auf deine Weisung. Du hast uns im Quran 3:45-47 gelehrt: »Wenn Er etwas beschlossen hat, spricht Er nur zu ihm: ‚Sei‘, und es ist.« Hast du das nicht bedacht?"

    Und die begnadeten Buddha Gläubigen verbeugen sich und sagen: „Wir sind nur auf Durchreise im Übergang zu dem ewigen Nirwana. Die vier edlen Wahrheiten verpflichten uns, Leid und Unvollkommenheit zu überwinden, uns auf den Weg zum ewigen Glück zu begeben. Wie aber können wir das tun, ohne dabei zu viele zu werden? Zu viele bedrängen uns und hindern uns am Bestehen der Prüfungen. So müssen wir wiederkommen und zu viele werden. Hast du das nicht bedacht?"

    Und die an die Gesetze der Tora Gläubigen sagen: „Wir sind das auserwählte Volk auf Erden. Deine bevorzugten Kinder. Immer haben unsere Nachbarn uns bedrängt. Wir sind geflohen, haben mit Hilfe Jehovas das ägyptische Heer ertränkt, den Staat Israel gegen die Übermacht der Araber verteidigt. Wir müssen wachsam den Anfängen wehren. Hast du das nicht bedacht?"

    Noch bevor der Allmächtige diese Vorwürfe bedenken, noch bevor er antworten kann, beginnen sich die Hirne und Herzen der Staatsvertreter untereinander zu streiten. ‚Mitleid sei das Edelste der menschlichen Gefühle. Die gläubigen Christen allein seien Gottes Abbild. Nur sie würden ihn verstehen und als Herrengutmenschen handeln.‘

    ‚Das Wichtigste sei die Aufnahme der Menschen in Allahs Paradies. Deshalb müsse man Schweine und Gläubige, die deren Fleisch essen, auf Erden vernichten.‘

    ‚Buddhas befohlener Kampf gegen Unglück und Leid erzeuge viele Kinder. Das sei unvermeidbar und müsse durch deren Vernichtung korrigiert werden.‘

    ‚Die arabischen Nachbarn würden lautstark darauf lauern, das Judentum auszulöschen. Atombomben seien unabdingbar.‘

    Der Streit eskaliert. Jeder wütet für seinen Glauben, treibt alle in den Selbstmordwahn. Enttäuscht grübelt der Allmächtige, ‚warum‘?

    Die Engel erkennen in dem nicht umkehrbaren Zeitablauf die Ursache der nahenden irdischen Katastrophe. Sie beschließen, einzugreifen.

    ‚Neugier und Intelligenz sollen die Gläubigen in eine Welt mit umkehrbarer Zeit führen. Jedweder Glaube, jedes Wissen und Handeln sollen zurückgespult und neu gestaltet werden können. So sei die kommende Selbstvernichtung der Menschheit aufzuhalten.‘

    ‚Die Menschheit halte die hierfür notwendigen Bauteile schon in Bereitschaft.‘

    ‚Er, der Christen Herr, der allmächtige Allah, der begnadete Buddha, der jauchzende Jehova, solle sich nicht sorgen. Er könne ruhig wieder träumen. Denn elektronische Netzwerke, Chipimplantate, Roboter, Avatars und virtuelle Welten, die Digitalisierung könnten, wenn zurück auf Anfang gestellt, jeden Selbstmord verhindern.‘

    Schon im Halbtraum hört der Allmächtige den silbernen Ton des goldhaarigen Harlekinengels fragen: „Werden es so noch Menschen sein?"


    Zu der 2. Erzählung: Die himmlische Tat des Karl oder das geglückte Glück des Johannes

    Bänke haben ihre eigene Geschichte. Aufgestellt für wandernde Träumer, romantisch Natur bewundernde Wanderer, Einsamkeit suchende Liebespaare oder besorgte Jagdhüter, lernen sie die unterschiedlichsten Eigenschaften ihrer Besucher kennen.

    Am Rand eines auch für Mountainbiker freigegebenen markierten Wanderweges steht eine verwitterte Bank, die einen wunderbaren Blick über die Wälder des nördlichen Odenwaldes erlaubt bis hinab in die ausladende Rheinebene.

    Sie ist guten Mutes, dass ihre Bretter noch zahlreiche Jahre Regen, Eis und Sonnenschein überstehen. Auch, dass keine nachwachsenden Bäume die einladende Sicht ihrer Besucher versperren werden.

    Um auf ihr ausruhen zu können, müssen die Besucher einen steilen Anstieg des Wanderweges überwinden.

    Ein Mountainbiker, in einer eleganten schwarz-weißen Ausrüstung mit goldgelbem Helm und so um die fünfzig Jahre alt, setzt sich außer Atem auf die Bank.

    „Das war ein schwieriger Aufstieg. Aber es braucht immer eine enorme Anstrengung, um in luftige Höhen mit so herrlichem Ausblick zu gelangen."

    Ein athletischer Wanderer, der schon einige Minuten auf der Bank ausruht und dem atemlosen Radfahrer seine Zustimmung gab, sich zu ihm zu setzen, blickt ihm freundlich in die Augen, sieht den Schweiß auf seiner Stirn und sagt:

    „Ja, das kenne ich. Es ist ein Naturgesetz: Ohne Fleiß, kein Preis! Oder: Anstrengung und Mühen lassen Freude blühen.

    Schauen Sie über die herbstlichen Wälder, die bereits bunt gefärbten Wingerte, den rot erblühenden Himmel im Westen, die heimkehrenden Krähen, die sich jetzt ihre Schlafbäume suchen. Sind wir nicht nur ein winziger Abschnitt im Lebenskreis eines Tages, eines Monats, eines Jahres, unseres eigenes Ichs?

    Liegt in dem wunderbaren Ausblick auf einer alten zerbrechlichen Bank nicht wenigstens ein winziger, unbedeutender, aber angenehmer Sinn unseres Lebens, den man erst nach schwerer Arbeit, Hunger und Durst, Muskelkater und Herzstechen erreichen kann? Ist die einfühlende Harmonie von Landschaft, Wald, Wingert und Wolken nicht Sinn genug? Wozu noch mehr Sinn?"

    „Ich denke eher an die berauschende Abfahrt, an die ohne kraftraubende Beinarbeit erreichbare Geschwindigkeit, den schmalen Wanderweg hinabzurasen. Das sind Lohn und Sinn meines mühsamen Aufstiegs. Jedenfalls für heute."

    „Und morgen?"

    „Morgen fahre ich zu einem anderen Ort. Hier in der Nähe. Ich bin im Urlaub und habe noch drei Tage frei."

    „Dann ist morgen der Sinn Ihrer Mühen derselbe wie heute?"

    „Ja, natürlich. Ich bin ja noch im Urlaub, lebe in der gleich gestalteten Zeit.

    In meiner normalen Zeit arbeite ich als Schaffner bei der Bundesbahn. Das ist ein sehr interessanter Job. Ich lerne die unterschiedlichsten Menschen kennen. Ehrliche, Betrüger, friedliche Beschwerden bei Verspätungen, aber auch aggressive Pöbeleien und Unverschämtheiten. Da bleibt mir als Sinn meiner Lebenszeit nur der Lohn, den ich am Monatsende auf meinem Bankkonto sehe, und …"

    „Was und?"

    Nach einer Pause: „Abschalten, einfach sich aus der Zeit zurückzuziehen. Das zu tun, was mir am Beginn meines Lebens, meines Eintritts in die Zeit, erfuhr, und was ich am Ende meines Lebens, beim Verlassen der

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