Date mit einer Unbekannten: Liebesgeschichte
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Date mit einer Unbekannten - Catherine Fox
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»Wie läuft denn deine Partnerinnensuche so?«, fragte Franzi am anderen Ende der Leitung.
»Ach, wie verrückt.« Bea seufzte. »In der Tagespresse schreiben mir nur die Ladenhüter, die nicht an die Frau zu bringen sind. Die haben mir fast alle letztes Jahr auch schon geschrieben. Und die Internetplattformen haben auch nicht gerade das zu bieten, was ich suche. Wahrscheinlich sind meine Anforderungen zu außerirdisch . . . ich weiß es nicht.« Sie sah den Regentropfen nach, die an der Fensterscheibe nach unten rannen. Dieser Märztag war so trüb wie ihre Stimmung.
»Oh je, das klingt aber schwer gefrustet.«
»Ich bin nicht gefrustet«, widersprach Bea. »Ich hab nur das ganze Theater so langsam satt. Am besten, ich bleibe allein, da habe ich auch nicht so ein Hoch und Runter mit den Gefühlen. Ich glaube, da lebt man wesentlich ruhiger und kann machen, was man will.«
»Das ist aber schade. Ich wollte dir gerade noch einen Tipp geben. Hab kürzlich noch von einer Seite gehört, die richtig gut sein soll.«
»Lieb von dir, aber ich will nicht mehr. Sollen mich einfach alle in Ruhe lassen.«
»Du willst doch jetzt nicht etwa den Kopf in den Sand stecken?«
»Das nicht. Aber vielleicht sollte ich mir Sand in den Kopf stecken. Danach ist mir im Moment eher.«
»Guck doch wenigstens mal rein«, beharrte Franzi. »Den Sand kannst du dir dann auch noch danach in den Kopf stecken.«
Bea grinste. »Ich hab dich auch lieb.«
Franzi war schon seit vielen Jahren ihre beste Freundin und wusste, wie sie Bea dazu brachte, doch noch einen Versuch zu wagen: Sie musste nur lange genug nerven. Jetzt nannte sie Bea den Namen der Plattform und verabschiedete sich mit dem nachdrücklichen Wunsch, auf dem Laufenden gehalten zu werden.
Bea legte auf und sah wieder zum Fenster. Das Wetter war wirklich nicht dafür geeignet, nach draußen zu gehen. Also konnte sie das Ganze ebenso gut sofort hinter sich bringen, um Franzi beim nächsten Gespräch Bericht erstatten zu können. Sie fuhr ihren Laptop hoch, fand die Seite und meldete sich an. Dann machte sie noch den üblichen Persönlichkeitstest und war damit registriert.
Gelangweilt nahm sie die letzten Einstellungen vor und grenzte den Radius um ihren Wohnort herum ein, bis das Angebot an Vorschlägen überschaubar war. Auf dieser Seite gab es sogar Matchingpunkte, die angaben, wie sie zu der jeweiligen Frau passen würde. Dafür waren also diese komischen Persönlichkeitstests gut. Aber ob die Chemie stimmte – das war eine ganz andere Frage, dachte Bea ernüchtert.
Trotzdem scrollte sie sich durch die Profile, las die Selbstbeschreibungen, betrachtete die Fotos. Na ja. Es war wie immer. Einige schienen ganz interessant, denen schickte sie eine kurze Nachricht. Aber nichts Überwältigendes, nichts, das sie fasziniert oder das Bedürfnis geweckt hätte, die Frau unbedingt kennenzulernen. Inzwischen hatte sie schon so viele Profile durch, dass sie die Lust verlor. Nur noch zwei, nahm sie sich vor. Dann würde sie den Computer ausschalten.
Es war das zweite Inserat.
Wow! Was für eine Frau. Dieses Foto . . . der Oberhammer! Lange, braune Haare umrahmten ein feingeschnittenes Gesicht, aus dem ein Paar blaue Augen die Betrachterin sanftmütig anlächelte. Ein Blick, der Bea gefangen nahm. Sie schluckte, bevor sie die Details des Profils aufrief. Besser nicht zu viel erwarten.
Doch was sie da las, ließ sie erneut schlucken. Das war genau das, was sie sich von einer Frau vorstellte. Sollte es ihre Traumfrau tatsächlich geben?
Beas Blick wanderte zwischen dem Foto und dem Profiltext hin und her. Das konnte doch nicht sein. So was war unmöglich! Das gab es einfach nicht! Das wäre ja ein Sechser in der Liebeslotterie. Bea meinte fast, eine Stimme zu hören: Sie haben gewonnen . . . aber dazu müssen Sie erst etwas bestellen, sonst werden Sie von der Ziehung ausgeschlossen.
Bea schüttelte den Kopf. Das war doch verrückt. Aber egal . . . ich bestelle jetzt einfach. Die oder keine!
Wie ferngesteuert tippte sie ein paar Zeilen an Jeanny, wie sich die Frau nannte, und schickte sie ab. Dann wartete sie mit hämmerndem Herzen. Ob Jeanny antworten würde?
Schlaflos betrachtete Bea das Foto auf dem Bildschirm – zum wievielten Mal? Jeanny war einfach wunderschön. Sie hatte tatsächlich auf Beas Kontaktanfrage geantwortet, und seitdem hatten sie bereits einige kurze Nachrichten ausgetauscht. Jeanny schien genauso sympathisch, wie sie auf dem Bild aussah, diesen ersten Eindruck hatte Bea schon gewonnen. In ihrer letzten Nachricht hatte Jeanny ihr dann eine gute Nacht gewünscht und ein Herzchen dahinter gesetzt. Es sah vielversprechend aus.
Bea lehnte sich am Schreibtisch zurück und versank förmlich in diesen blauen Augen, die einen interessanten Kontrast zu den dunkelbraunen Haaren bildeten. Es war fast Mitternacht, und sie hätte längst im Bett liegen sollen. Aber sie konnte sich einfach nicht losreißen. Ihre Lider versuchten sich schon zu schließen, aber sie riss sie gewaltsam wieder auf.
Dann musste sie über sich selbst lachen. Was für ein Unsinn. Jeanny lag wahrscheinlich längst im Bett und träumte süß, und sie selbst sollte auch schlafen gehen.
Mit einem Lächeln fuhr sie den Computer herunter. Auch wenn es nur ein paar E-Mails waren – sie hatte jetzt schon das Gefühl, dass es mehr werden könnte. Nicht wieder so eine Enttäuschung wie die letzten Male.
Seufzend warf sie noch einen letzten Blick auf den nun dunklen Bildschirm. Es kam ihr vor, als hätte sich Jeannys Bild darauf eingebrannt. Oder vielleicht brannte es auch auf ihrer Netzhaut, weil sie es so lange angestarrt hatte. Sie fuhr sich mit einer Hand über die Augen, aber das Bild verschwand nicht. Es war in ihr. Ihr Lächeln wurde zärtlich. Dann würde sie jetzt wohl auch süß träumen – von Jeanny.
Wie immer in den letzten Tagen war Beas erste Tat am Morgen der Griff zum Einschaltknopf des Computers. Sie freute sich auf die E-Mail von Jeanny. Bisher hatte sie jeden Morgen eine kurze Nachricht von ihr im Postfach gehabt. Aber diesmal wurde ihre Hoffnung enttäuscht. Keine Mail, kein Wort.
Seufzend brühte sie sich einen Tee auf. Es war Samstag, vielleicht schlief Jeanny heute länger. Ein paar Minuten später ging sie mit der Tasse in der Hand an den Schreibtisch zurück. Immer noch nichts.
Jetzt wurde Bea doch nervös. War etwas passiert? Hatte sie gestern etwas geschrieben, das Jeanny verstimmt haben könnte? Schnell öffnete sie den Ordner, in dem sie alle E-Mails von und an Jeanny speicherte. Aber sie fand nichts Anstößiges. Dann durchsuchte sie den Spam-Ordner. Alle möglichen Viagra-Präparate wurden da angepriesen, aber von Jeannys Namen keine Spur. Also war ihre Mail auch nicht versehentlich dort gelandet.
Es klingelte an der Tür. Besuch am Samstagmorgen? Das konnte nur Franzi sein. Bea öffnete.
Wie erwartet wedelte Franzi mit einer Tüte frischer Brötchen vor ihrer Nase herum. »Gibt’s noch Kaffee?«
»Es gab noch gar keinen.« Bea ließ sie eintreten.
»Dann wird es aber höchste Zeit. Du hast ja das Temperament einer Schlaftablette.« Tatkräftig machte Franzi sich an der Kaffeemaschine zu schaffen und häufte die doppelte Dosis Kaffee in den Filter, während Bea den Tisch deckte.
Wenig später saßen sie am Tisch, und der Kaffee verströmte seinen herben Duft durchs ganze Haus. Bea hoffte, dass nicht noch die Nachbarn klingeln würden und sich zum Frühstück einluden. »Da bleibt ja glatt der Löffel drin stehen«, sagte sie nach dem ersten Schluck und verzog das Gesicht. »Willst du mich mit einem Herzinfarkt umbringen?«
»Dafür muss man dich erst mal wiederbeleben, so wie du aussiehst«, erwiderte Franzi ungerührt. »Erzähl mal, was gibt’s denn Neues?«
Gelangweilt biss Bea in ihr Marmeladenbrötchen. »Was soll’s denn Neues geben? Die Sonne geht früh auf und abends wieder unter.«
»Du weißt schon, was ich meine. Hast du mal auf die Seite geschaut, die ich dir genannt habe?«
»Hm.« Das Brötchen wollte nicht so recht rutschen. Im Gegenteil. Der Brei im Mund schien immer mehr zu werden.
»Und?«
Krampfhaft würgte Bea den Brötchenbrei runter. »Was und?«
»Na, hast du jemand kennengelernt?«
»Ich schreib mit einigen.« Einen Schluck Kaffee hinterher.
»Also bist du doch fündig geworden?«
Nächster Bissen. Ein bisschen kauen, um Zeit zu gewinnen. »Es klingt ganz interessant. Mal sehen, was daraus wird.«
Franzi sah Bea scharf an. »Du hast jemand ganz Spezielles im Auge. Das sehe ich dir doch an.«
»Hab ich eine Leuchtreklame auf der Stirn?« Bea fühlte sich durchschaut. Wahrscheinlich hätte sie wissen müssen, dass es zwecklos war, ihrer besten Freundin etwas zu verheimlichen. Franzi würde so lange bohren und löchern, bis sie alles aus Bea herausgequetscht hatte. »Also gut«, seufzte sie. »Ja, da ist eine Frau, die mir gefällt.«
»Nur gefällt? Ganz sicher? Nach deinen Augenringen zu urteilen, hast du die ganze Nacht mit ihr verbracht. Ich weiß nur nicht, in welcher Form.«
Nach einigem Zögern rang Bea sich schließlich durch und erzählte von Jeanny. Wie fasziniert sie von ihr war und dass sie die ganze Nacht kaum ein Auge zugetan hatte, weil sie ständig ihr Bild vor sich sah.
»Das muss ja eine Hammerfrau sein«, kommentierte Franzi beeindruckt. »Zeigst du sie mir?«
Wortlos führte Bea sie zum Computer. Als Bildschirmschoner hatte sie eine Diashow eingerichtet. Verschiedene Fotos einer langhaarigen Dreißigjährigen wechselten einander ab.
»Ich muss wohl nicht erst fragen, ob sie das ist?«, mutmaßte Franzi.
Bea nickte.
»Dann ist deine Schlaflosigkeit allerdings begründet. Sie sieht wirklich toll aus.« Franzi betrachtete die Bilder einen zweiten Durchlauf lang. »Sie sieht zu gut aus. Solch eine hübsche Frau kann doch an jedem Finger zehn Frauen haben. Da muss ein Haken an der Sache sein.«
»Mensch, Franzi«, schnaubte Bea. »Jetzt habe ich endlich mal eine Frau gefunden, die mich interessiert, und schon machst du sie wieder madig.«
Franzi wandte sich vom Computer ab und Bea zu. »Ich möchte ja nur vermeiden, dass du wieder verarscht wirst. Also, was ist bei ihr der Haken?«
Bea zuckte mit den Schultern. Aber Franzi starrte sie unnachgiebig an, und Bea wusste, dass sie ihr die Ahnungslosigkeit nicht abkaufte.
»Schon gut«, rückte sie schließlich widerstrebend mit der Wahrheit heraus. »Sie ist gehörlos.«
»Ups.« Damit hatte Franzi offensichtlich nicht gerechnet. »Das . . . macht die Sache wirklich nicht ganz einfach.«
»Aber es macht mir nichts aus«, versicherte Bea. In Gedanken führte sie den Satz fort mit dem, was sie Jeanny in ihrer letzten Mail geschrieben hatte: Manchmal ist es in dieser Welt sogar von Vorteil, wenn man nicht alles hört. Ich