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VORWORT ZUR 2.

AUFLAGE

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts begann eine Revolution der Arzneimittel-


theraphie menschlicher Krankheiten. Auf der einen Seite gelang es französi-
schen und deutschen Chemikern und Pharmazeuten, z.B. Pelletier und
Caventou (Chinin), Sertürner (Morphin), aus pflanzlichen Heilmitteln che-
misch reine Wirkstoffe zu isolieren. Wirkungen ließen sich also einzelnen
Molekülen, die rein darstellbar waren, zuordnen. Damit ging vieles, was man
vielleicht das “Mystische des Heilmittels” nennen kann, verloren: Der Glaube,
daß eine besondere Kräuterfrau unter besonderen Umständen zu besonderen
Jahreszeiten ausgewählte Heilkräuter sammeln mußte, um die notwendige und
gewünschte Wirkung zu erzielen, verlor jede Grundlage. Gleichzeitig ging ein
sicher sehr wesentlicher psychologischer Effekt der Anwendung von Arznei-
stoffen ebenfalls verloren, denn welcher Patient würde nicht gerne an das
Besondere seines Heilmittels, das unter geheimnisvollen Umständen gewonnen
worden ist, glauben, aber welche Faszination geht von Chemikalien, Retorten
und Abzügen im Vergleich zur Kräuterfrau beim Mondschein im Herbst aus?

Vielleicht schlug sich dieser Verlust des Geheimnisvollen in einer anderen Ent-
wicklung des 19. Jahrhunderts nieder. Hahnemann entwarf ein Therapie-
system, die Homöopathie, das quasi auf Moleküle als Träger von Wirkungen
verzichtete. Er führte die Wirkung seiner Medizinen auf Kräfte zurück, die als
besondere Energie vom Heilkundigen durch “Potenzierung” und “Dynamisie-
rung” dem Arzneimittel zugefügt werden. Hier wurden Arzneimittel dadurch
geschaffen, daß mehr oder weniger beliebige molekulare Strukturen durch das
Können und Tun des Arztes und Apothekers zur Heilkraft befähigt wurden.

Seit dieser Aufspaltung von Heilmitteln in (scheinbar) exakt naturwissenschaft-


liche, molekular definierte Pharmaka und, auf der anderen Seite, nur durch
die Erfahrung des Arztes legitimierte magische Heilverfahren, steht die Me-
dizin in der schwierigen Situation, beiden Anforderungen an ein Heilmittel ge-
recht zu werden. Sie muß also modernste empirisch gewonnene Einsichten
über Wirkungsmechanismen zur Auswahl des richtigen Arzneistoffs verwen-
den und für seinen optimalen Einsatz nutzbar machen. Auf der anderen Seite
aber muß sie auch auf das wohl ewige Bedürfnis des Kranken auf individuelle
Zuwendung und Einbettung in eine Jahrtausende alte Geschichte des Heilens
eingehen. Beiden Aspekten muß nicht nur der Arzt und Pharmazeut, sondern
auch der Psychologe gerecht werden. Sie alle brauchen daher auch ein gründ-
liches, naturwissenschaftlich fundiertes Wissen darüber, wie warum und wo
Pharmaka wirken.

Das vorliegende Buch versteht es in vorzüglicher Weise, neuste molekular-


biologische Erkenntnisse über Arzneimittel und die Pathophysiologie von
Krankheiten zusammen zu fassen und zu präsentieren. Es ist ausgesprochen
lesbar geschrieben und vermittelt ohne große Barrieren wie chemische Struk-
turen, mathematische Deduktionen und komplexe molekular-biologische Her-
leitungen, Verständnis für wichtige, auch den Psychologen interessierende
Arzneimittel.

Insgesamt handelt es sich um ein ausgezeichnetes Buch, das dem Psychologen


den Einstieg in die komplexe Materie der Arzneimitteltherapie ermöglicht und
ihn sicherlich neugierig auf weiterführende Informationen macht. Man muß
den Autoren gratulieren, sich diese komplexe Aufgabe gestellt und so vorzüg-
lich gelöst zu haben.

Erlangen, Dezember 1992 Prof. Dr. med. Kay Brune


Arzt für Pharmakologie
Direktor am Institut
für Pharmakologie und Toxikologie

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