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sara0%6 "Was du aut deinen Tisch stl, verdndert die Wal’ - Splendido Magazin SPLENDIDO MAGAZIN (Gsspi//eplendide-magatin.de) KOCHEN, ESSEN UND KONSUMKULTUR 18. Juli 2016 »WAS DU AUF DEINEN TISCH STELLST, VERANDERT DIE WELT“ von Blanca und Georg(http://splendido- magazin.de/author/blanca-und-georg/) Vor zwei Wochen waren wir mal wieder in Brescia(ntto://www,bresciatourism ivde/), der kleinen Stadt in Norditalien, die fiir uns bisher zwischen Bergamo, Mailand und Verona eher ein Schattendasein gefristet hat. Bei vergangenen Besuchen fielen uns immer nur die vielen verlassen und kaputt wirkenden Vororte auf, ein paar Hochhauser, einige sehr beeindruckende, aber zugleich auch bedriickende Bauten aus der Zeit des Faschismus und eine recht hubsche piazza della loggia, auf der eine alte Halle mit einem verwitterten Kupferdach sowas wie den Mittelpunkt der Stadt markiert. Augerdem eine einzige vollautomatisch fahrende U-Bahn-Linie. Wie Brescia Ende Juni aussieht, wussten wir nicht. Wenn das alljahrliche Slow-Food Festival ,Brescia con usto(http://www.slowfoodbrescia it/brescia-con-gusto/)" stattfindet, ist die ganze Stadt fiir einen Abend im Rausch. Denn Brescia ist ja nicht nur eine italienische Kleinstadt, sondern liegt auch noch mitten in der Lombardei, Einer Region, die fur ihre Kiiche sogar innerhalb Italiens beriihmt ist und einige der gré8ten kulinarischen Spezialitéten des Landes hervorgebracht hat. Genannt seien hier beispielhaft nur der Gorgonzola, der Grana Padano, der Franciacorta(htto://magazin.wein.com/artikel/der-champagner-italiens- franciacorta-doca/) und vor allem all die anderen unzAhligen KAsespezialitaten (htto://splendido-magazin,de/kaeseausaavardo!) aus den umliegenden Bergdérfern, die in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit unvergleichlich sind. Nicht im umsonst ist die éstliche Lombardei im kommenden Jahr 2017 regione europea della jastronomia(http://www.eastlombardy. it/it/) tpsllsplonddo- magazin destow-foodirtrviow! w sara0%6 "Was du aut denon Tisch sols, vordndert de Welt’ - Splondiéo Magazin Und was sich an diesem hei&en Sommerabend in der Innenstadt abspielt, ist tatsachlich ein Fest. Ein Fest des Essens. 30 verschiedene Gastronomen und Kéche bieten auf der Strafe, in Restaurants, in Hotels oder Kaufhausern regionale Spezialitaten an. Man flaniert durch die Stadt, vom Steinboden steigt die Hitze des Tages auf, und iiberall kann man essen. Und trinken. Und von Dachterrassen iiber die Stadt blicken. An jeder Ecke spielt Musik, in alten Steinbrunnen liegen gekiihite Weinflaschen und es begegnen einem unzahlige, gliickselig strahlende, nimmersatte Menschen. Jeder hat ein Weinglas um den Hals gehangt, mit dem er von Station zu Station spaziert und es zu jedem Gang wieder auffiillen kann, Immer mit einer neuen fliissigen Beriihmtheit aus der Region, immer passend zum jeweils an dieser Station angebotene Essen. Nie ist der Begriff Festival passender als an diesem Abend Am Rande der Veranstaltung am 24. Juni sprachen wir mit Lorenzo Berlendis, dem Vizeprasidenten von Slow Food Italia, der uns zwischen Aperitif und primo piatto etwas iiber die Grundsatze von Slow Food und unsere Bedeutung als Konsumenten in einer von der Lebensmittelindustrie dominierten Welt erklarte pilsplond do- magazin delslow-food-irterviow! tarco%s “Was ad deinen Tisch ste verde Wa - Spero Magan 1s i L ea anne Herr Berlendis, was findet heute Abend in Brescia statt? Brescia con gusto(http://www.slowfoodbrescia,it/bresci -qusto/)* findet dieses Jahr schon zum 16. Mal statt. Essen ist Genuss, Freude, Gemeinschaft — all das soll dieses Festival abbilden. Die Menschen sollen zusammen essen und feiern. AuBerdem sollen die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen lokalen Produzenten und Gastronomen geférdert werden. Man kann sich in der gesamten Stadt von einem gastronomischen Betrieb zum nachsten bewegen und essen. Es gibt vier Menii-Routen zur Auswahl. Jede Route halt alles zwischen Aperitif bis Eis und Kaffee bereit, am Ende der Nacht hat man also ein gesamtes Meni gegessen. Und alle Stationen haben natirlich auf die ein oder andere Weise mit Slow Food zu tun. Entweder sind die Betreiber Mitglieder unserer Gemeinschaft oder sie haben eine besondere Sensibilitat fir deren Themen Wie kann man das Konzept von Slow Food kurz fiir jemanden zusammenfassen, der es noch nicht kennt? Slow Food(http://www,slowfood.it) ist eine in Italien gegriindete, internationale Gemeinschaft, die vor allem den Schutz der globalen Biodiversitat fordern méchte. Unser Slogan lautet: gut, sauber und gerecht. Heift, dass wir die Selbstverstandlichkeit gesunder Ernahrung férdern méchten, uns fiir Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit einsetzen und ein Bewusstsein fiir die Absurditaten der globalen Lebensmittelproduktion schaffen machten. Besonders wichtig ist es uns, die kleinen Produzenten zu schitzen pilsplond do- magazin delslow-food-irterviow! sara Was dau din Tisch tls, verre Wal - Splendido Magazin und zu férdern. Sie sind es, die gut drei Viertel des Planeten erahren. Ihre Arbeit und ihre Produkte miissen wieder im Wert steigen. Nicht nur in Italien und Europa sind die kleinen Produzenten in groBe Schwierigkeiten geraten. Sie kénnen mit den niedrigen, von der Industrie vorgegebenen Preisen nicht mehr mithalten. Aber wir brauchen sie, denn es sind die Kleinen, die den Respekt vor den Traditionen der regionalen Landwirtschaft und dessen Biodiversitat pflegen. Und ohne Biodiversitat sind wir verloren Wie sind Sie persénlich zu Slow Food gekommen? Ich komme aus einem kleinen Verein, der sich mit den Problemen meiner Heimatregion rund um Bergamo beschaftigt. Es war fir mich nur logisch, mich in der Folge dieser Arbeit mit Slow Food zu befassen. Nur dort habe ich die Antworten auf meine komplexen Fragen gefunden. Essen ist ja eben nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern ein ganzer Kosmos — Gesundheit, Wohlbefinden, Umwelt, Geschichte, Geografie, Soziales, einfach alles. Hinter unserer Ernahrung steckt so viel mehr, als die meisten Menschen glauben, Leider denken noch immer zu wenige Leute dariiber nach, was und wie sie einkaufen Was kann man als Einzelner denn tun, um die Situation zu verbessern? Das ist ja der Witz daran: Es ‘ht schwer. Du musst t iberhaupt pilsplond do- magazin delslow-food-irterviow! an sara0%6 Was dau din Tisch tls, verre Wal - Splendido Magazin kein Aktivist werden und auch kein Politiker. Du musst einfach nur verniinftig einkaufen. Was du auf deinen Tisch stellst, verandert bereits die Welt. Wenn du dieses eine lokale Bier statt dem importierten kaufst, oder dieses eine Brot statt jenem, weil du weit, dass das eine fairer und vor Ort produziert wurde, anderst du schon unglaublich viel. Hinter jedem Produkt, das wir kaufen, steht eine Wirtschaftskette. Durch unseren Einkauf allein betreiben wir aktive Politik. Hei®t: Hochwertige Produkte kaufen, lokale Produkte kaufen, die am besten noch biologisch oder biologisch-dynamisch erzeugt wurden. Das schiitzt die Erde, die Luft und das Wasser. Das ist wichtig. Unsere Ressourcen sind nicht unendlich Aber so einfach ist es nicht immer. Wenn man zum Beispiel in einem Restaurant isst und nicht wei, wo das Essen her kommt, oder in Supermarkten oder auf Produkten keine Angaben zur Herkunft findet... das ist richtig. Und Abkommen wie das TTIP werden das noch schwerer machen, weil die Zutaten dann noch viel unkontrollierter von iiberall herkommen werden, obwohl sie auch vor der Tir wachsen kénnten. Eine unserer Saulen bei Slow Food ist deshalb auch die Bildung der Konsumenten, damit diese sowohl iiber die Produktion von Lebensmittein — also: wie wird Olivend! hergestellt, was zeichnet ein gutes Ol aus etc. — als auch tiber die groben Martkmechanismen Bescheid wissen und so bewusst und anspruchsvoll wie méglich wahlen kénnen. Ubrigens nicht nur bei ihrem taglichen Einkauf oder beim Besuch eines Restaurants, sondern auch in Krankenhausern, Kantinen und Schulen. In diesen Bereichen der Massenverpflegung gibt es so gut wie keine Kontrollen, weil immer das Produkt gewinnt, das am billigsten ist. Aber welche Qualitat ist denn da in dem billigsten Kram? Essen ist unsere Medizin, wir fiittern unseren Kérper damit, da sollten wir keine Kompromisse eingehen. Wird aber immer wieder getan, Und die gesundheitlichen Folgen der schlechten Ernahrung zahlen wir dann wiederum mit unseren Steuern. Es ist absurd. Genau diese Probleme bewegen das Tun von Slow Food Gerade in Italien gibt es viele Konsortien und Giitesiegel. Was sagen die tiber die Qualitat der Produkte aus? Es ist gut, dass es Siegel wie zum Beispiel DOC, DOCG und DOP gibt. Die strengen Kontrollen dieser Vereinigungen haben die Qualitat von Lebensmittein in der Vergangenheit enorm ansteigen lassen. Das ist ein guter Anfang, aber leider geniigt das noch lngst nicht, Der Biodiversitat etwa hilft das nicht besonders. Wir haben zu diesem Zweck die ,Arca del Gusto", die Arche des Geschmacks, eingefiihrt. Sie schiitzt Produkte aus kleiner, regionaler Erzeugung. Inzwischen haben wir weltweit fast 4000 solcher Lebensmittel in die Arche aufgenommen und schiitzen tpsllsplonddo- magazin destow-foodirtrviow! 87 sara0%6 "Was du auf deinen Tisch steals, verdndert dla Walt - Splendo Magazin damit ihre Kultur, Geschichte und Tradition auf der ganzen Welt. Auch das ist wie ein Siegel, es schafft Sicherheit fiir den Kunden. Was essen Sie selbst am liebsten? Obwohl ich aus der eher bergigen Region um Bergamo komme, liebe ich Fisch. Aus dem Meer und natiirlich auch SiiRwasserfische. Ich liebe die Zubereitung, aber neuerdings auch das Angeln selbst. Ich habe schon die ein oder andere anstandige Bachforelle gefangen. Haben Sie ein Lieblingsrestaurant? Am liebsten esse ich in Restaurants, die eine innovative, moderne Kiiche anbieten, die aber die Tradition der lokalen Saisonkiiche nicht vernachlassigen. Und ich liebe Pizza. Es entwickelt sich in Italien gerade eine neue Generation von Pizzabackern, die die Tradition der Pizzakunst auf ein neues Level heben. Sie benutzen hochwertigere, vollwertigere Mehle und arbeiten mit extrem langen Gehzeiten des Teiges(http://splondido- magazin.de/hefeteig-fuer-geduldige/). Es gibt immer mehr fantastische Pizza mit Sauerteig oder Mutterhefe. Diese Rezepte machen den Teig leichter und besser verdaulich und letzten Endes auch gesiinder. Auch der Pizzabelag wird immer haufiger aus Tomaten von Produzenten gemacht, die die Regeln der Nachhaltigkeit respektieren. Es ist schén zu sehen, dass da etwas passiert und die Leute ihr Bewusstsein fiir diese Dinge starken Und wenn Sie selbst kochen? Dann gibt es meistens Fisch. Oder Risotto in seinen verschiedensten Erscheinungsformen. Je nach Saison mit Kiirbis, mit Thymian und Stracchino, oder mit Safran und Lakritz. Miisste ich mich fiir ein einziges Gericht entscheiden, ware es ganz klar immer das Risotto. Wenn ich es eilig habe, reicht mir aber auch ein Stick Salami aus Bergamo oder ein frisches Brot mit Stracchino. Immer zusammen mit einem guten Glas Wein Wer mehr tiber Slow-Food wissen will Hier(http://www. sueddeutsche. de/wirtschaft/reden-wir-veber-geld-essen-sie- lieber-den-karton-1,2808061?reduced=true) gibt es ein groBartiges Interview mit Slow-Food Griinder Carlo Petrini. Auch sehr empfehlenswert ist Petrinis Buch .Die Wurzein des guten Geschmacks"(http://amzn.to/29reUtW, Weitere Informationen tiber Slow Food und die Méglichkeit der Mitgliedschaft gibt es auf den offiziellen Seiten des Verbands: tpsllsplonddo- magazin destow-foodirtrviow! a7 sara0%6 "Was du auf deinen Tisch steals, verdndert dla Walt - Splendo Magazin Slow Food Italia http://www. slowfood. it)Slow Food Deutschland(htip://www_slowf Wer Brescia und seine Umgebung ebenfalls besuchen méchte, dem sei als erste Aniaufstelle ein Besuch der Website des értlichen Tourismusverbandes ans Herz gelegt, Bresciatourismihttp://www.bresciatourism it) informiert diber die Méglichkeiten der Region und listet empfehlenswerte Restaurants und Hotels. BRESCIATOURISM SCARL Via Einaudi 23, 25121 — Brescia Camera di Commercio, Industria e Artigianato di Brescia - 5° piano Tel. +39 030 3725403 inf m. it(mailto:inf rism.i Vielen Dank an Bresciatourism fiir die Unterstiitzung bei der Arbeit an diesem Artikel. pilsplond do- magazin delslow-food-irterviow! W

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