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BMW_F° ‘Sehr geehrte Damen und Herren! In den vergangenen Tagen habe ich eine Vielzahl von E-Mails und Zuschriften bekommen, in denen meine Entscheidung, mit Ende 2010 das ,Ubereinkommen zur Errichtung einer Europaischen Organisation fir Kemforschung (CERN)" zu kiindigen, kommentiert und vielfach kritisiert wurde. Bitte um Verstandnis dafiir, nicht jedes E-Mail gesondert beantworten zu konnen. Auf diesem Weg michte ich zu den am haufigsten genannten Punkten Stellung nehmen und Ihnen meine Beweggriinde fiir diesen Schritt direkt mitteilen. Der wissenschattlichen Bedeutung von CERN, von dessen Exzellenz ich mich letztes Jahr im Rahmen eines Besuches tiberzeugen konnte, bin ich mir bewusst und habe vor der dort geleisteten vielfaltigen und bedeutsamen wissenschaftlichen Arbeit hohen Respekt. Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat aber auch dramatische Folgen fiir die 6ffentlichen Haushalte. Daher gilt es umso mehr, im Sinne einer verantwortungs- vollen Politik mit den begrenzt zur Verfiigung stehenden Ressourcen sorgsam umzugehen und Prioritaten zu setzen: Die CERN-Mitgliedschaft Osterreichs bindet rund 70 % des dem BMWF zur Verfiigung stehenden Budgets fiir Beteiligungen an internationalen Forschungseinrichtungen. Wahrend CERN in erster Linie fur eine — unbestritten wichtige — Wissenschaftsdisziplin von Bedeutung ist, sind eine Vielzahl anderer Disziplinen, die sich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt haben, vom Zugang zu den neuen Forschungsinfrastrukturen, wie sie etwa in der Roadmap des European Strategy Forum on Research Infrastructures (ESFRI) enthalten sind, angesichts der gegebenen budgetdren Mittel praktisch abgeschnitten. Solche Beteiligungen sind aber im (natur)wissenschaftlichen Bereich fur den Forschungs- standort Osterreich sowohl eine Exzellenz- als auch Uberlebensfrage. Aus forschungspolitischer Sicht ist eine Betelligung Osterreichs an den neuen Forschungseinrichtungen fiir die nationale Profilbildung und die internationale Prasenz und Wettbewerbsfahigkeit wesentlich. Die Frage nach den Konsequenzen des CERN-Austritts ist also gleichbedeutend mit der Frage nach den Konsequenzen einer Nichtbeteiligung Osterreichs an hochaktuellen Projekten der ESFRI-Liste. Diese europaische Roadmap ist fiir Osterreich und die Frage nach kinftigen Infrastrukturbeteiligungen ein wichtiger Leitfaden. Als wesentliche Projekte sind in diesem Zusammenhang fiir den Forschungsstandort Osterreich vor allem folgende zu nennen: « fiir die Bio- und Medizinwissenschaften: BBMRI (Biobanking and Biomolecular Resources Research Infrastructure), um dessen Koordination sich die Medizinische Universitat Graz bewirbt fur die Materialwissenschaften: XFEL (X-Ray Free-Electron Laser) fiir die Physik und Astronomie: FAIR (Facility for Antiproton and lon Research), E-ELT (European Extremly Large Telescope im Rahmen von ESO) * fir die Sozial- und Humanwissenschaften: CLARIN (Common Language Resources and Technology Infrastructure), CESSDA (Council of European Social Sciences Data Archives), SHARE (Survey on Health, Ageing and retirement in Europe) Die neue Prioritatensetzung bedeutet damit keine Beendigung des intemationalen Engagements der ésterreichischen Wissenschaft, sondem im Gegenteil die Méglichkeit eines viel breiteren und diversifizierten Engagements im Interesse einer Vielzahl von Disziplinen, in denen Osterreich zu Recht internationale Exzellenz beanspruchen kann. Selbstverstandlich werde ich dariiber hinaus Sorge tragen, dass dsterreichische Wissenschafterinnen und Wissenschafter weiterhin Zugang zu CERN-Programmen, wie dies auch 35 weitere Staaten, die nicht Mitglieder von CERN sind, haben. Die diesbeziiglichen Gespréiche mit CERN werden wir in den nachsten Wochen und Monaten mit Engagement fiihren. Es ist mir aber auch ein zentrales Anliegen, dass junge Osterreicherinnen und Osterreicher im Rahmen ihrer wissenschaftichen Ausbildung Zugang zu den oben genannten Infrastruktureinrichtungen bekommen werden. Ich werde daher die bestehenden Stipendienprogramme, wie sie etwa bisher fir CERN zur Verfigung gestanden sind, erweitern, um unseren Nachwuchs-Wissenschafterinnen und -Wissenschaftern neue Chancen zu erdfnen, an bestehenden und neuen Infra- struktureinrichtungen ihrer Forschung nachgehen zu kénnen. Um den ésterreichischen Wissenschafterinnen und Wissenschaftem und unserem Universitatssystem diese Perspektiven eréffnen zu kénnen, erscheint eine Beendigung der langjahrigen ésterreichischen CERN-Mitgliedschaft notwendig und gerechtfertigt Mit freundlichen GriiRen, Dr. Johannes Hahn Bundesminister fur Wissenschaft und Forschung.

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